ParlovrParlovr

Zwei Jahre sind eine lange Zeit. In dieser kann beispielsweise die Qualifikation für ein großes internationales Fußballturnier ausgespielt werden, während eine afrikanische Elefantendame ihr Junges austrägt oder das Debütalbum einer dreiköpfigen kanadischen Band den weiten Weg über den Atlantischen Ozean zurücklegt, um schlussendlich in Deutschland anzukommen. Während wir die ersten beiden Phänomene aufgrund kalendarischer und biologischer Eigenarten jedoch recht gut verstehen können, bleibt das Letztgenannte zumeist ein Rätsel. Und wirft vor allem eine Frage auf: Warum?

Warum erscheint das Erstlingswerk von Parlovr hierzulande erst, nachdem jahrelang ungestraft Wellen von austauschbaren Indieband-Blaupausen über uns hereinbrechen durften, die im Endeffekt nur dafür sorgten, dass wir mittlerweile alles, was irgendwie mit Schrammelgitarren, scheinbar geistreichen Texten und allerlei Klang-Klimbim zu tun hat, mit großem Misstrauen beäugen? Dabei ist Misstrauen im Falle von Parlovr eigentlich prinzipiell schon unangebracht, schließlich bürgen Herkunft (Kanada, genauer: Montreal), Attitüde (Do it yourself) und der etwas bescheuerte Style (vergleiche: Gruppenbild mit Katze) des Trios für eine gewisse, natürlich ziemlich oberflächliche, Qualität, ganz klar.

Glücklicherweise steht aber auch die Musik von Louis Jackson, Alex Cooper und Jeremy MacCuish diesen äußeren Eindrücken größtenteils in nichts nach. Gleich der wunderbar hymnische Opener „Pen To The Paper“ macht deutlich, dass Parlovr trotz ihrer Minimalbesetzung nicht auf einen möglichst breiten Klang verzichten wollen. Erreicht wird dieser vor allem durch den exzessiven Einsatz hochgradig melodischer Keyboardmotive, die vom drückenden Schlagzeugbeat gestützt werden, während Jacksons schlurfiger, oft in Geschrei ausbrechender Gesang ebenfalls viele Facetten hinzufügt. Im Verlauf des Albums werden die Songs zudem noch durch den Einsatz von Handclaps („Palace Of Identical Things“), Chorgesängen, Glockenspiel oder gepfiffenen Melodien („Speech Bubble / Thought Cloud“) angereichert. Alles wild durcheinander, alles irgendwie passend.

Im lässigen „Sandwalking“ hingegen verläuft zu Anfang alles in recht geordneten Bahnen: Durchaus geeignet als Soundtrack für die aktuellen Außentemperaturen in Deutschland strömt die Hitze beinahe aus den Boxen, bevor das Schlagzeug nach knapp zwei Minuten auf einmal die Tanzfläche eröffnet und das Stück bis zu seinem Ende mit Hilfe von fräsenden Gitarren und überdrehtem Gesang immer eindringlicher wird. Danach folgen Momente der popkulturellen Assoziation: Beim Refrain von „On The Phone“ lugen Ash um die Ecke, bei „Hiccup!“ klingeln Arcade Fire an der Tür und wollen ihren Song zurück, während im abschließenden „All The World Is All That Is The Case“ manche Melodiefolge doch gar an die Kings Of Leon erinnert.

Parlovr machen auf ihrem Debütalbum viel richtig, ihre Devise „Krach meets Pop-Appeal“ funktioniert weitgehend sogar äußerst gut. Fürs nächste Mal haben wir deshalb nur einen Wunsch: Keine zweijährige Wartezeit, bitte.

70

Label: Dine Alone (Soulfood)

Referenzen: Triclops!, Wolf Parade, Modest Mouse, Vampire Weekend, Arcade Fire

Link: MySpace

Vö: 02.07.2010

Ein Kommentar zu “Rezension: Parlovr – Parlovr”

  1. Philipp sagt:

    Cooles Konzert in Mailänder Tunnel:

    http://www.blogotheque.net/Parlovr

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