Für gute drei Minuten sind es nicht viel mehr als zwei schwermütig nachhallende Töne auf dem Klavier, an denen sich Matthew Thomas Dillon alias Windmill festklammern kann. Schwach aber ausdauernd flackernd, lassen sie das Meiste im Dunkeln. Erdbehaftet wirkt im Opener „Airsuit“ allein Dillons Stimme, doch selbst die verliert sich nach und nach in futuristischer Sehnsucht. Es geht weit hinaus, in den luftleeren Raum. Klingt, als wär’s einsam da draußen. Klingt, als wäre es gerade dieses ernste Begreifen im Größenwahnsinn eingestaubter Träumereien, das Dillon bis heute bewegt.

Es war der Besuch im in seiner Größe scheinbar unbegrenzten Disney-Freizeitpark „Epcot Centre“, der Inspiration und Anlass, dann auch Namensgeber für Windmills Zweitwerk „Epcot Starfields“ war. Für den kleinen Jungen war dieser eine Ort offenbar Zentrum und Ausgangspunkt aller Träumerei von dem, was sein könnte und was kommen würde. Die Gewissheit der Unendlichkeit von Phantasie und Traum ist bei dem 28-jährigen noch immer fest verankert. Bei jedem der zehn entwöhnten Popsongs schwingt ein gutes Stück kindliche Unbekümmertheit mit. Allerdings ist das nur die helle Seite eines insgesamt eher düsteren Nachfolgers zum allseits für gut befundenen Erstling „Puddle City Racing Lights“ von 2007.

So einfach das Leben für den jungen Dillon, so tief und ernsthaftig die Gedanken zum jetzigen Leben des zugegebenermaßen noch immer nicht wirklich alten Dillon. Denn Gewiss ist für ihn auch die Endlichkeit des menschlichen Lebens auf der Erde, und die Unmöglichkeit, dass der Mensch sich rechtzeitig seiner Verantwortung bewusst wird. Und auch er als einzelne Person fürchtet sich vor dem Ende des Tages und der Schwierigkeit alles ohne Reuhe loszulassen. Also nimmt er seine Lieben und alle, die gewillt sind, ihn zu begleiten, mit auf eine hoffnungsvolle Reise zwischen Traum und Realität. Mit nachhallendem Klavier, mal luftigen, mal schweren Drums, schüchterner Gitarre und seiner verschlurften, bisweilen gar exzentrischen Stimme. Am stärksten ist „Epcot Starfields“ aber, wenn sich das Kind oder der resignierende Erwachsene einmal gänzlich durchsetzen und ganz für sich allein stehen.

Dem schwerelosen, flippigen, passenderweise Dillons Lieblingsfahrgeschäft im Epcot Centre gewidmeten „Ellen Save Our Energy“ etwa, kann man keinen Wunsch abschlagen. So ähnlich könnte sich Walt Disney Art-Pop vorgestellt haben. Die Gegenseite stellt das tieftraurige „Shuttle“ dar. „We all start getting worried“ singt Dillon immer und immer wieder, zwischen Resignationserklärung und Warnung kann man sich nun alles aussuchen, das Ende scheint  in diesem vorzeitigen Schlusspunkt jedenfalls besiegelt. Bei „Epcot Starfields“ wiegt das Herz meist schwerer als der Kopf, sogar im Vakuum. Auch für Windmill sind die Strecken zwischen den Sternen oft etwas lang, worüber die immer wieder großartigen Melodien aber hinwegtrösten. Ein Konzeptalbum, das als solches betrachtet werden will und sollte.

72

Label: Grönland / Cargo

Referenzen: Chris Garneau, Guillemots, Antony & The Johnsons, Soap & Skin

Links: MySpace, Homepage

VÖ: 25.09.2009

Ein Kommentar zu “Rezension: Windmill – Epcot Starfields”

  1. Pascal Weiß sagt:

    Auf jeden Fall ein gelungenes Comeback, mein Lieber;)

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