Taken By TreesEast Of Eden

Es hätte auch ein esoterisches Scheitern bedeuten können: Victoria Bergsmann reiste mit ihrem Toningenieur Daniel Lissvik nach Pakistan, um dort mit einheimischen Musikern ganz im Geiste der Sufi-Musik ihr neues Album aufzunehmen. Aber die Melange aus westlicher Popprägung und leichtgängigem orientalischen Instrumentarium feiert Triumphe – weil die Schwedin ihre Klangvorstellungen konsequent umsetzt und die mystische Dekoration nicht erschlagend wirken lässt.

Schließlich wird aufgeräumt musikziert: Keine opulenten Breitwandszenarien werden in den gutmütigen Himmel gemalt, keine sinnlich-verführerischen Streicherarmeen ins Feld geschickt – die Reduktion auf dumpfe Rhythmik und gezupfte Saiten kommt der Übersichtlichkeit zugute. Nur einmal, bei „Wapas Karma“, gehen die muslimischen Gesänge mit ihr durch und verleihen „East Of Eden“ einen pakistanischen Schleier, der Akzente in der gemächlichen Gleichförmigkeit setzt. Eine Gleichförmigkeit, die auch schon das Debüt von Taken By Trees befallen hat und sich hier wie ein roter Faden fortspinnt. Die Vermeidung von Aufregung generiert aber keinerlei Langeweile sondern Lufträume, die die feingeistigen Kompositionen notwendigerweise zum Atmen brauchen.

Es ist ein vorsichtiges, zurückgenommenes Songwriting, was eine innere Ausgeglichenheit besitzt. Eine spirituelle Qualität wird gewahr, die aber ohne plakativen Mandalaismus auskommt. Religiöse Durchdringung ist hier ausschließlich eine persönliche Dimension, ebenso wie manche Geschichten eben auf Schwedisch erzählt werden müssen, um die enge Bindung zu auch für Außenstehende zu symbolisieren. Flötentöne wie bei „Bekännelse“ schaffen dazu eine Atmosphäre, die eine melancholische Leichtigkeit ausstrahlt und als Flair des Behutsamen fast sämtliche Tracks durchzieht. Darüber haucht und flüstert Victoria Bergsmann ihre Texte, wechselt kaum die Stimmlage, ist fast immerwährend schüchtern und verhuscht, dabei immer kristallklar. Manch einer mag das als langweilig abtun, weil scheinbar unbeteiligt gesungen wird – dabei würde jede Auffälligkeit als Kontrapunkt zur fast hypnotisch-gefangenen Grundstimmung zu sehr aus dem Rahmen ragen. Nur so schafft sie es, ihrem zeitgemäßen Entwurf die nötige Erhabenheit zu verleihen, die selbst bei der gewitzten Anbindung ans aktuelle Popgeschehen nicht verloren geht, wie das Animal Collective-Cover »My Boys« beweist.

Das Eindrucksvollste ist der Zauber der Leichtigkeit, der dieses Album umschließt. Imagination und Realität verschwimmen in lichternen Nebelschwaden beim hervorragenden „Anna“. „Watch The Waves“ hingegen klirrt und zappelt nahe an der Weltmusik, die dann doch viele Tracks im Kern immer eine Rolle spielt. Dabei ist „East Of Eden“ kein plumpes Plädoyer für Integration, jedoch für kulturelle Weitsicht und die Möglichkeit des friedlichen Miteinanders ohne das Aufgeben spezifischer Eigenheiten. Und das braucht man dann nicht einmal auf der Platte zu thematisieren, wenn man dieses kosmopolitische Selbstverständnis von Frau Bergsmann besitzt.

73

Label: Rough Trade

Referenzen: El Perro Del Mar, José Gonzalez, Jenny Wilson, Jens Lekman, Iron & Wine, Rosie Thomas, Marissa Nadler

Links: MySpace, Rough Trade

VÖ: 04.09.2009

2 Kommentare zu “Review: Taken By Trees – East Of Eden”

  1. […] setzt und in seiner Herangehensweise an das letztjährige (etwas unter Wert benotete) Werk von Taken By Trees erinnert, das ebenso eine innerliche Balance besitzt. Mesirows weiche Stimme braucht auch auf […]

  2. […] war auch Victoria Bergsmans zweites Album vom Exotismus des Fernen durchzogen, doch nährte „East Of Eden“ seine Einflüsse aus einer realen Kulturbegegnung, die Bergsman auf ihrer Reise nach Pakistan zu […]

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