The DodosTime To Die

Ein bisschen fühlt man sich wohl wie Ralf Rangnick. Im Jahre 2008 gelingt der Überraschungscoup mit offensiver, attraktiver und kecker Spielweise. Das weckt Erwartungen, mobilisiert Fans. Zur Endabrechnung in 2009 reicht es hingegen nur noch mit Biegen und Brechen zum Mittelmaß,  das „graue Maus“-Image lässt grüßen. Die TSG 1899 Hoffenheim und The Dodos – derzeit im bedrohlich gleichgültigen Gleichschritt.

Zeichnete sich das ehemalige Duo aus San Francisco auf ihrem letztjährigem, vielfach gepriesenen Longplayer „Visiter“ noch durch eine wuchtige, energetische Mischung aus Fingerpicking Folk und ekstatischem Drumming bei gleichzeitig hoher Sensibilität für die großen, melodischen Pop-Momente aus, bleibt außer Erstgenanntem nicht viel über. Es fehlt „Time To Die“, so schade es ist, an jeglichem Spielwitz und Exklusivität. Die neun Songs des Albums dümpeln gemächlich vor sich hin, tun bis auf gewisse, nicht für möglich gehaltene Textzeilen – und jetzt haltet euch fest! – wie in „The Stuns“ („So children, kill your teachers / kill your parents, then kill your preachers / cause we know that they only will doubt you […] it´s ok that they´re gone / torching you is all they want“) zwar keinem weh, erreichen aber nur höchst selten die jugendliche Frische des so erfreulich lebensbejahenden Vorgängers.

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass mit Joe noch ein drittes Mitglied an Blechbüchse und Drums „verpflichtet“ werden konnte, ist kaum nachzuvollziehen, warum sich die Dodos derart zurückziehen, hinter gängigen Folk- und Poptraditionen verstecken und den live eingeschlagenen Weg immer länger andauernder Jam-Sessions abrupt beenden. Stattdessen veröffentlichen sie eine Platte, der zwar eine gewisse, in diesem Fall bedauerlicherweise leicht negativ behaftete Homogenität nicht abzusprechen ist, die aber insgesamt müde und kraftlos wie eine frustrierte, alternde, gescheiterte Persönlichkeit daherkommt, die nach und nach um ihren eigenen Antrieb beraubt wurde (unweigerlich werden hier Gedanken an Berti Vogts wach). „This Is A Business“ oder der Opener „Small Deaths“ lassen zumindest noch erahnen, was die Band Monate zuvor noch so sehr auszeichnete, die restlichen Songs aber hören genau an der Stelle auf, an der sehnlichst der Wunsch in den Vordergrund rückt, es könne jetzt aber wirklich mal langsam losgehen. Tobsuchtsanfälle wie gegen Ende von „Joe´s Waltz“ sucht man eh vergeblich, aber selbst die ein wenig gewollt gefühlvollen Versuche wie in „Acorn Factory“ oder „Troll Nacht“ sind Meric Long vier Jahre zuvor (damals noch als Dodobird) deutlich glaubwürdiger über die Lippen und Gitarrensaiten gekommen. Vorerst versinken die Dodos in der entkräfteten Leere der Gleichgültigkeit, die Gefahr des Festsetzens im Mittelmaß sollte für die Zukunft Ansporn genug sein. Hoffenheim kann davon ein Lied singen.

50

Label: Frenchkiss / Cooperative / Universal

Referenzen: Akron/Family, Phantom Planet, Wintersleep, Death Cab For Cutie, The Acorn, Taken By Trees

Links: MySpace, Homepage

VÖ: 04.09.09

2 Kommentare zu “Review: The Dodos – Time To Die”

  1. Ralf sagt:

    Vollkommene Zustimmung. Jegliche Energie und Magie fehlt – bis auf zwei, drei nette Songs kommt hier nix bei rum. Abscheuliches Cover zudem.

  2. Sören sagt:

    Sehr gute Vergleiche, hier kann das Festsetzen im Mittelmaß durchaus zum ernsthaften Ziel werden ;-)

    Erschreckende Textzeilen! Das hat mit gesunder Rebellion nicht mehr viel zu tun, finde ich!

Einen Kommentar hinterlassen

Platten kaufen Links Impressum