Markus (10:24 Uhr):
Haste die neue Tiny Vipers schon gehört? Das ist ja ein Brachland von Album, staubig und trocken wie die Atacama-Wüste. Furchtbar ödes Ding bis hinter den Horizont…

Pascal (10:53 Uhr):
Jau, hab ich. Packt mich irgendwie. Antriebslosigkeit, wunderbar vertont. Nur ganz wenige Momente, in denen die Gefühlswelt für wenige Sekunden die Oberhand gewinnt. Dann aber richtig.

Markus (10:54 Uhr):
Wer bitteschön braucht „vertonte Antriebslosigkeit“? Und wo hörst du emotionale Blitzmomente? Klar, irgendwie ist ja alles Kunst. Ich kann Waschmaschinen beim Waschen filmen. Vier Stunden lang. Das ist ja alles zu legitimieren. Aber man muss ja nicht alles gut finden. Das hier braucht es echt nicht.

Pascal (10:57 Uhr):
Und wer braucht Genies wie Elliott Smith?

Markus (10:57 Uhr):
Ach, das ist doch Quatsch! Elliott Smith spielt in einer ganz eigenen Liga. Das hier ist post-säuseliger Frauengesang mit einfachsten Akustikgitarren-motiven, Smith hat wenigens noch etwas Mitreißendes.

Pascal (10:59 Uhr):
Natürlich ist der Galaxien entfernt, aber das wollte ich damit doch gar nicht sagen. Vielmehr: Wofür brauch ich authentische traurige Musik? Ist antriebslos nicht auch eine Form von Trauer? Oder der Schritt danach? Und fällt Tiny Vipers vielleicht genau in den wenigen Momenten einen Schritt zurück?

Markus (11:03 Uhr):
Die totale Wucht der Melancholie, na klar. Mir geht das nichtmal auf den Keks, das ist einfach so grundegal. Vielleicht hab ich auch einfach gerade keinen Bock auf langatmigen, sich selbst in die Verzweiflungsgrube schmeißenden Frauenfolk. Gab’s in der letzten Zeit ja auch zu Genüge, da schlafen mir die Füße ein. Wenn sie wenigstens ne coole Stimme hätte! Das ist alles total unbeteiligt.

Pascal (11:05 Uhr):
Du redest wie ein Großteil der Hardrocker, die hier im Büro sitzen.

Markus (11:06 Uhr):
Aaargh! Das kann ich nicht verstehen. Hier werden gerade 60 Minunten selbstgefällige, schwerfällige Schlummerakustikfolkkacke schöngeredet. Jetzt kommste vermutlich auch noch mit den Details, die so herrlich herausstechen, nur weil sie irgendwann mal ihren Text vergisst und zu pfeifen anfängt…

Pascal (11:08 Uhr):
I am dying for a way out…“ Wenn das nichts ist?

Markus (11:10 Uhr):
Hohoho! Der einzige Song, der irgendwie fast auffällig wird. Zwar eigentlich genau so existenzialistisch in der Grundstimmung wie alle anderen, aber wenigstens wechselt sie zwischendurch mal einen Akkord und singt mal sowas wie einen Refrain. Der Song steht fast wie ein Monolith in der Einöde und wirbelt ordentlich Staub auf.

Pascal (11:12 Uhr):
Das ist es ja. Ich würde Dir zwar widersprechen, dass „Dreamer“ die einzige Ausnahme darstellt, Dir aber in so weit recht geben, als dass auch gut und gerne mal über mehrere Minuten recht wenig passiert. Die Gefühlsausbrüche sind eben selten, keine berechenbare Konstante. Aber, und das fasziniert mich: „Life On Earth“ ist authentisch, ehrlich und schert sich nicht im geringsten darum, jemandem gefallen zu müssen. Reine Gefühlsbewältigung.

Markus (11:14 Uhr):
Ach, soweit würde ich dann doch nicht gehen. Richtige Hingabe sieht anders aus und klingt vor allem auch anders. Sie traut sich nicht auffällig zu werden, das ist ja sympathisch schüchtern, aber dann soll sie in ihre Kammer zurückgehen und ihre Emo-Freunde beschallen.

Pascal (11:16 Uhr):
Emo? So langsam läuft das hier aus dem Ruder… Schreibste eigentlich hierzu eine Rezi?

Markus (11: 17 Uhr):
Weiß nicht, bin gerade so antriebslos. Das raubt mir hier auch alle Lust, die Frau zu verreißen :/ Vielleicht fake ich einfach ein Chatprotokoll zwischen dir und mir.

Pascal:    7.0 / 10

Markus: 3.7 / 10

Label: Sub Pop

Referenzen: Nick Drake, Blue Roses, Joni Mitchell, Vashti Bunyan, Joanna Newsom, Regina Spektor, Joan As Police Woman

Links: Official, MySpace

VÖ: 10.07.2009

3 Kommentare zu “Review: Tiny Vipers – Life On Earth”

  1. Björn sagt:

    Tolles Review :)

  2. Bastian sagt:

    Genau, und was mich angeht, bin ich da bisher eher mit Markus.

  3. Pascal sagt:

    Hach, wenigstens auf die Jungs hier ist Verlass:

    http://www.tinymixtapes.com/Tiny-Vipers

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