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Schon während der Anreise zum Gebäude 9 an einem für Deutschland typischen grauen Winternachmittag durfte munter drauflos spekuliert werden, was sich die Black Lips dieses Mal wieder Verrücktes würden einfallen lassen, um ihren Ruf als Wahnsinnige mit allem Elan auszuleben. Fliegende Whiskey-Flaschen haben ihren Reiz ja längst verloren. Auch das Nacktbad in der Zuschauermenge hat seit der kürzlich erfolgten zehnstündigen Auto-Flucht in Indien anscheinend an Faszination eingebüßt.  Folglich mussten auch die Zuschauer in den ersten Reihen nicht um ihre Kleidung fürchten, außer ein wenig Spucke sollte einem von vorn nichts entgegen geschossen kommen.

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Erst einmal waren aber die Hara Kee Rees an der Reihe und machten ihre Sache außerordentlich gut. Die aus Köln und Berlin stammende Band machte von vornherein mächtig Dampf und brachte die Zuschauer für eine Vorband ungewohnt selbstbewusst ins Schwitzen, ihren Heimvorteil haben sie allemal ausgespielt. Songs wie „Satisfied“ oder „I´m Walking Babe“ bereiteten nicht nur eine Menge Freude, sondern haben sich nachhaltig in den Gehirnströmen festgesetzt.

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Als wenig später die Black Lips die Bühne im nahezu ausverkauften Gebäude 9 betraten, fiel der Blick unweigerlich auf  Cole Alexander, der mit stylischem Hut, maximal zwei Nummern zu weiter Hose, ausgeprägtem Whiskey-Blick und umhängenden Stofffetzen ausgerüstet, seiner Gitarre die ersten Töne entlockte. Es konnte also losgehen. Der zweite „Main Character“ Jarred Swilley positionierte sich und seinen Bass in der Mitte der Bühne, von böse anmutenden Schnäuzern keine Spur mehr. Dafür dominiert von Anfang an eine begeisternde, kindliche Spielfreude, die sofort auf sämtliche Zuschauer überschwappt, sodass das in diesen Zeiten für gewöhnlich zurückhaltende Publikum jegliche Scheu ablegt und wild und kreuz und quer durch den Laden fegt.51

Anschließend spielt sich die Band nahezu durch die gesamte Diskographie. Auffällig dabei, dass nicht nur das von der Mehrzahl der Fans als Meisterwerk bezeichnete „Let It Bloom“ immer noch die Setlist dominiert, wohingegen nur vereinzelten Stücken ihres letzten Longplayers „Good Bad Not Evil“ die Ehre zuteil wird, den bestens gelaunten Zuschauern weitere Euphorieschübe zu verpassen. Zufall ist das nicht, wie uns Cole Alexander wenig später verrät und betont, man wolle mit dem neuen Album „200 Million Thousand“ wieder einen deutlichen Schritt in Richtung „Let It Bloom“ gehen. Dieses Vorhaben ist ihnen in aller Deutlichkeit gelungen, die drei neu vorgestellten Songs „Take My Heart“, „Drugs“ und „Elijah“ sprechen eine eindeutige Sprache. Nennenswert auch, dass sich die beiden Protagonisten stimmlich in bester Verfassung befanden und den Studio-Aufnahmen in so manchem Moment den Rang ablaufen konnten.

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Trotz einer gewissen Distanz zum letzten Werk ist „Bad Kids“ live natürlich ein fast unschlagbarer Song und die Leute eh längst aus dem Häuschen. Zum Abschluss, wie sich das gehört, folgen dann selbstverständlich mit „Stranger“ und „Juvenile“ auch noch zwei absolute Klassiker ihres 2004er Albums „We Did Not Know The Forest Spirit Made The Flowers Grow“. Was bleibt, ist ein umjubelter Abgang, ein völlig durchnässtes T-Shirt und ein vollkommen zufriedener Gesichtsausdruck.

Ein Kommentar zu “Live Review: Black Lips in Köln im Gebäude 9 (08.02.2009)”

  1. hondo sagt:

    Yep
    das neue album ist superp,

    es wächst und wächst und wächst.

    Ich würde es fast auf Augenhöhe mit Let it bloom sehen

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