The Sight BelowGlider

Wie Traumschleifen vergessener Erinnerungen und mondsüchtiger Poesie kommen diese Installationen her, die Räume in Räumen schaffen. Unwirklich und entrückt, endlos entfernt und doch so nah. Es mutet paradox an, wie das Zusammenspiel von flächtigen Ambienten und stupide metronomisierten Vierviertel-takten Stimmungen erzeugen kann, die grundsätzlich so weit weg vom konventionellen Pop-Output erscheinen, wie nur irgend möglich. Intimes Gleiten und sphärischer Absturz – willkommen in der Anderswelt von The Sight Below.

Die Musik des Künstlers aus Seattle erzeugt Rückzugsräume, versteckte Nischen und sich vortastende Nebelschwaden, die mit kühlem Griff alle Lichter auslöschen. Bedrohlich wanken die Beats voran. Mit einem Gestus des Muskulösen und Ewiglichen, so dass ein Ende des Pulses schier undenkbar wäre. Geisterhaft treibt nur ein einziger Beat die Songs an. Repetitiv und unbarmherzig. Immerwährend, einem Mantra gleichend. Dazu fließen atmosphärische Fetzen durch den Raum, die bisweilen eine seelenvolle Ruhe erzeugen, wie sie kontradiktorischer nicht sein könnte.

So übersichtlich die Funktionsweise als solche ist, so packend gerät das Ergebnis. Als Begleitmusik zu Kunstausstellungen, als Soundtrack für Filme in opaker Optik und mit literweise Regen aus Gießkannen würde „Glider“ in eine weitere Dimension vorstoßen. So bleibt die einseitige Motiventwicklung das Manko dieser Platte, die allerdings gar nicht anstrebt, außer Flächen, Beats und Nachhall Anknüpfpunkte zu bieten. Von vorne bis hinten ist es nur der Schwebezustand, der hält und anhält. Keine Melodien, nur zerdehnte Gitarrensamples in einer unbestimmten Masse des Vagen. Loops und Schlaufen in einem imaginären Großraum. Ein Rausch der Gegensätze, ein Rauschen aus digitalen Untiefen. „Life’s Fading Light“ heißt einer der stärksten Tracks, der im Vergleich auffallend wach daherkommt. Danach wird es wieder dunkel, ein Rhythmus geht seinen Weg. Wirbelt einen technoiden Bass auf, umkreist Düsternis und Geröll, wabert durch Raum und Zeit. Verirrt sich genau in den hypnotischen Freiräumen, die der Hörer mit eigenen Assoziationen füllen muss, um Zugang zu dieser außergewöhnlichen Platte zu finden. Aber alleine für das Angebot muss man The Sight Below schon so unendlich dankbar sein.

PS: Leider gibt es diese Veröffentlichung nur als CD oder Download. Bei diesem unglaublichen Artwork ein kleiner Wehmutstropfen.

7.7 / 10

Label: Ghostly

Spieldauer: 49:08

Referenzen: Boards Of Canada, Aphex Twin, Wolfgang Voigt, Brian Eno, Dubtechno, Ambient

Links: MySpace, Young God

Download: „No Place For Us EP“

VÖ: 30.01.2009

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