Man weiß gar nicht so genau, ob die Landschaft nun Schwingung geworden oder die Schwingung gar Landschaft geworden ist. Alles ist im Fluss, diffus, ambient. Alles zerfließt in akustische Blenden, nimmt gemächlich Fahrt auf und schleicht tastend durch den Raum. Durch die Welt.

Es ist die einzige Musik, die Herbst-Analogien wirklich verdient hat. Langsame, schwebende, leise Töne, die zwischen abstraktem Wesen, ambienten Gestus, klassischer Instrumentierung und elektronischem Skelett ihr Zuhause finden. Musik, die Aufmerksamkeit einfordert, noch mehr als alle Postrock-Combos dieser Welt zusammen. Beschenkt wird man mit einer Fülle an Atmosphären und Stimmungen, mit Eindrücken einer Anderswelt, in der die Uhren rückwärts ticken und wo Fabelwesen seelenwandern. 2008 war ein überragendes Jahr, um die Schönheit dieser instrumentalen Klänge zu entdecken.

Jóhann Jóhannsson – Fordlandia

Ein singender Großcomputer war Gold in den Händen des Komponisten und Produzenten Jóhann Jóhannsson, der auf seinem letzten Werk mit spukenden Relais und einem 60-Geigen-Orchester ein Werk für entrückte Stunden und lichte Momente schaffte.

Auf seinem aktuellen Werk »Fordlandia« widmet er sich erneut dem Thema künstliche Intelligenz und schafft ein ergreifendes Werk mit sakralem Charakter. Wieder sind es klassische Musiker, die diesem Album Wärme einpflanzen, auch wenn die Stimmung teilweise bedrückend und morbide erscheint. Der Titeltrack bietet ein furioses Finale mit himmlisch durchwobenen Streicherelegien, aber auch sonst ist die behutsame Dynamik das Ass dieses Isländers. Hier verwischen die Grenzen zwischen E- und U-Musik, zwischen Raum und Zeit. Ein außergewöhnliches Werk mit Soundtrack-Charakter.

8.3 / 10

Label: 4AD

VÖ: 31.10.2008

Links: Jóhann Jóhannsson | myspace

Bvdub: Return To Tonglu

Nicht nur in der Welt der Erotik gilt: Manchmal sind subtile Ahnungen und vage Andeutungen viel spannender als das Offensichtliche. Der Hörer muss die Stille mit eigenen Assoziationen auffüllen, die Klänge weiterdenken, sich von der Wiederwiederholung der endlosen Geräuschschlafen gefangen nehmen lassen.

Wer will mag dies abschätzig als bewusstseinserweiternde Esoterik brandmarken, aber es geht bei dieser Art des musikalischen Ausdrucks nicht um einen Zustand der Trance. Es geht um das bewusste Innehalten, das konsequente Zuhören, das Abschalten und um die Empfindung, die in der heutigen Zeit immer mehr der Abstumpfung unterliegt, die die allgegenwärtigen Beschallungsmechanismen der medialen Welt provozieren.

Tief, ausladend und jederzeit harmlos kommen die vier digital produzierten Tracks von bvdub daher. Die immerwährend instrumentale Musik wartet förmlich darauf, einem anderen Ton zu begegnen. Schwerelos tänzeln die einzelnen Klänge über zerfließende Geräuschkulissen, akustische Blenden nehmen gemächlich Fahrt auf und zerspringen in kargem Seelenregen. Nur manchmal gibt ein technoider Beat Halt und erinnert den in entfernten Kosmen schwebenden Kopf daran, dass diese Musikwatte ein einziger Glücksmoment ist.

8.0 / 10

Label: Quietus

VÖ: bereits erschienen

Links: BVDUB | myspace

Hier geht´s weiter zu Teil 2…

Ein Kommentar zu “Reviews: Aus dem Abraum der Welt: Instrumental & Ambient (Part 1)”

  1. Florian sagt:

    gute idee, mit diesen vergleichen. mal was neues.

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