Bill CallahanDream River

„The Only Words I’ve Said Today Are ‚Beer‘ and ‚Thank You’“, gibt Bill Callahan im Eröffnungsstück „The Sing“ unumwunden zu. Zum Glück stimmt das nicht ganz, stellt er hier doch gleich in mehrerer Hinsicht die Weichen. Zuerst ist „The Sing“ ein bedrückend bierseliges Selbstporträt eines Künstlers in seinem täglichen Kampf. Es führt tief in die Seele Amerikas, die neben ihrer naturalistischen Komponente, für die Callahan schon immer das richtige Gespür hatte, auf der Ebene des Individuums einen gleichwertigen Partner zur Seite gestellt bekommt. Jeder könnte dieser verschrobene Sänger sein, der alleine an der Bar sitzt, Löcher in die Luft starrt und selbst in diesem Zustand noch immer auf der Suche ist.

Der Vorgänger „Apocalypse“ hat vor zwei Jahren den Weg bereitet, den „Dream River“ nun noch konsequenter aufnimmt. Callahan gefällt sich zunehmend darin, kleine Fallen einzubauen, die den Fluss des einzelnen Songs kurzfristig aufhalten, um ihn fast im gleichen Atemzug in eine marginal andere Richtung zu lenken. Dies betont sowohl das tief verwurzelte naturalistische Umarmen als auch den Weg des Individuums, welches ebenso wie die Natur nie den direkten Weg gehen kann. Am deutlichsten kommt die Konstellation in „Summer Painter“ zum Tragen, in dem der Mensch in seinen Handlungen gleichsam unumstößlich mit der Natur verbunden zu sein scheint. Die knarzig flötenden und trommelnden Vorboten des heraufziehenden Unwetters werden von Callahans beruhigender Stimme sicher weitergeleitet.

Darüber hinaus strotzt „Dream River“ nur so vor klarer Schönheit, umrahmt von warmherziger Americana. Das pittoreske „Small Plain“, das nur auf den ersten Blick einfach arrangiert ist, könnte gut als ein Abenteuer Huck Finns durchgehen. Der nie enden wollende Flug mit der Angebeteten („Danger, I Never Think Of Danger/ I Really Am A Lucky Man“), begleitet vom leisen Geheul der Maschinen, ist eine Liebeserklärung der schönsten Art. Eingängige Symbolik gepaart mit einiger süßer Melancholie machen „Dream River“ zu einem Herbst-Album, dessen Stimmung so einnehmend ist, dass selbst Bill Callahan in „Winter Road“, dem letzten Song des Albums, nur den Rat hat, einfach so weiter zu machen: Just Keep On When Things Are Beautiful.

Ein Kommentar zu “Bill Callahan – Dream River”

  1. Pascal Weiß sagt:

    Finde ich noch besser als „Apocalypse“, vielleicht sogar auf einer Stufe mit „Eagle“. Schöne Rezi, Felix!

    Passender hätte es übrigens kaum sein können: Habe „The Sing“ am Wochenende auf der Fähre von Dublin nach Holyhead gehört. Alleine an der Bar. Immer wieder. Beer. Thank You. Beer. Thank you. Beer.

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