Chelsea WolfePain Is Beauty

„Run From The Light“ – wie sonst könnten die ersten Worte auf Chelsea Wolfes nun mittlerweile auch schon vierten Album lauten. Die Abkehr vom Licht ist großes Thema auf „Pain Is Beauty“, Halbschatten war Gestern, die amerikanische Songwriterin bevorzugt nahezu komplette Finsternis.

Es ist bemerkenswert, welch Faszination von diesem Album ausgeht, dessen erster Vorbote „The Warden“ vor ein paar Wochen durchaus eine Hinwendung in noch düsterere Gefilde versprach – was angesichts ihrer Vorgängerwerke nicht ganz einfach ist. Dennoch kam aufgrund des launigen Elektro-Folkrhythmus und der eingängigen Melodie der Vedacht auf, dass sich auf „Pain Is Beauty“ der eine oder andere Sonnenstrahl verirrt haben könnte.

Weit gefehlt. Schon „Feral Love“ kokettiert in mollenen Tönen, mischt gotisches Schwarz mit poppigem Dunkelrot und spart nicht mit deren Zwischentönen. Das Wolfe darüber hinaus musikalische Bezüge hat, die auch härtere Klangfarben beinhalten, wird relativ schnell deutlich. „Sick“ pirscht sich wie ein scheues Reh aus dem Dickicht, lässt die Vehemenz und Energie des ersten Albumdrittels hinter sich und stellt sich in eine Reihe mit den ruhigeren Momenten von Zola Jesus und Bat For Lashes.

Überhaupt hat sich Wolfe nach ihren ersten drei Alben ein wenig weiter von den experimentellen Spielflächen ihrer Vergangenheit entfernt. Selbstverständlich liegen ihr musikalische Randbereiche wie Doom, Drone und Donnerhall weitaus näher als kontemporärer Pop, dennoch zeigt sie gerne auch mal eine verzerrte Fratze, wie im von Echos und Hall durchzogenen „Kings“.

Nun könnte „Pain Is Beauty“ dadurch schnell ein beliebiges Sammelsurium werden, doch Wolfe limitiert ihre Sounds zu akribisch geschriebenen Songs. Wenn „Reins“ ruhig vor sich hin mäandern soll und dazu langsame, dem Black Metal nahestehende Strukturen den heiseren Sopran ummanteln, ist das pures Kalkül und Wolfe könnte glatt als böse Stiefschwester der frühen Alison Goldfrapp durchgehen. Es bleibt dabei beileibe nicht einfach, sich dem Sog der Stimme entziehen zu wollen, mit verführerischem Unterton lockt sie mal lasziv, mal elegant den Hörer aus der Reserve.

So nah am Düsterfolk wie in „They’ll Clap When You’re Gone“ tänzelt Wolfe nur noch selten, jedoch steht ihr das dunkle Popkostüm mindestens ebenso gut, wenn auch der eine oder andere Moment mal nicht ganz so zwingend scheint. In der nächsten Sekunde dreht sie den Spieß wieder um und hat dich blitzschnell in ihrem Netz gefangen.

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