KaThe Night’s Gambit
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Label:
Iron Works
VÖ:
13.07.2013
Referenzen:
Roc Marciano, MF Doom, Mobb Deep, Nas, Shabazz Palaces
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Autor: |
Daniel Welsch |
Auch wenn man im HipHop häufig auf Großmäuler trifft, die in ihrem Geltungsdrang der gesamten Welt den Krieg erklären, sollte man manchmal auch auf die leisen Stimmen im Hintergrund hören. Sonst verpasst man womöglich einen Rapper wie Ka, der nach über zwanzig Jahren im Business seine Kämpfe längst nicht mehr auf der Straße austrägt, sondern in aller Abgeschiedenheit mit seinen inneren Dämonen ringt.
Wie solch eine Kriegserklärung aussehen kann, hat gerade Kendrick Lamar mit seinem Vers für Big Seans „Control“ bewiesen, in dem er sich selbst zum König krönt und namhafte MCs wie A$AP Rocky, Drake, Big K.R.I.T. und Pusha T zum (musikalischen) Wettstreit herausfordert. Natürlich hat das die HipHop-Welt in helle Aufregung versetzt und Twitter mit hyperventilierenden Reaktionen überschwemmt. Gerade in solchen Momenten ist es angenehm, Kas unaufgeregtem Vortrag auf „The Night’s Gambit“ zu lauschen, der majestätisch über dem ganzen Theater zu schweben scheint.
Ka begann seine Musikerkarriere bereits 1993 mit der Gruppe Natural Elements, doch erst seine Soloalben „Iron Works“ aus 2008 und „Chief Pedigree“ im letzten Jahr brachten ihm größeres Lob und einen gewissen Grad an Aufmerksamkeit ein. Dass der Erfolg nie gereicht hat, um von der Musik leben und seinen Job als Feuerwehrmann aufgeben zu können, stört Kaseem Ryan nicht und gibt ihm vielmehr die Möglichkeit, ohne Druck und Vorgaben an seiner musikalischen Vision zu feilen. Mit „The Night’s Gambit“ kommt er dieser vermutlich schon sehr nahe, denn einerseits gelingt ihm mit den elf Songs des Albums eine Hommage an den vom ihm geliebten HipHop der frühen 90er-Jahre, andererseits sorgt er mit der minimalistischen und hypnotisch-repetitiven Produktion dafür, dass sich diese Songs tatsächlich neu und innovativ anfühlen.
Doch es steckt eben auch viel Vergangenheit in „The Night’s Gambit“. „My music is for those who miss early 90s hip hop when pain and struggle were the dominant themes“, erklärt Ka auf seiner Homepage und es sind in erster Linie wirklich diese Themen, die seine Musik mit dem HipHop der frühen 90er verbinden und gleichzeitig den Bogen zu Kas eigener Vergangenheit schlagen. Denn auch wenn die Songs von den genretypischen Problemen wie Gewalt, Drogen und Betrug handeln, verhandelt Ka diese aus einer ungewöhnlich abgeklärten und reflektierten Perspektive, ohne allerdings als bekehrter Sünder aufzutreten. So zeigt er im Gebet „Our Father“ zwar aufrichtige Reue, bittet Gott jedoch auch, bei seiner nächsten Missetat doch bitteschön wegzusehen. Diese distanzierte und taktierende Haltung passt perfekt zur Schach-Thematik, die sich durch das gesamte Album zieht und sich auch auf dem Albumcover wiederfindet. „I play chess, but I got a checkered past“, lautet beispielsweise ein Wortspiel im Song „Peace Akhi“, während des Intros diskutieren die beiden Figuren D’Angelo und Bodie aus der HBO-Serie „The Wire“ über Bauernopfer.
Erst in Kombination mit der hervorragenden Produktion entwickeln diese durchdachten Texte aber ihre Sogkraft, die den Hörer während der gesamten vierzig Minuten völlig in ihren Bann zieht. Die Beats klingen einige Male wie stark entschleunigte und entschlackte Versionen des New Yorker Boom Bap, die dank ihrer repetitiven Struktur eine hypnotische Wirkung erzeugen. Bestes Beispiel für diesen Effekt ist der Beat von „Barring The Likeness“, der nur aus einem einzigen Takt zu bestehen scheint, an dessen Ende eine Bongo-Figur zu hören ist. Doch weil das Sample kurz vor dem Abschlag abbricht und erneut beginnt, herrscht während des gesamten Songs eine flirrende Spannung, die nie aufgelöst wird. Die meisten Beats auf „The Night’s Gambit“ funktionieren nach einem ähnlichen Prinzip, egal ob es sich bei dem Sample um Blaxploitation-Funk („Soap Box“) oder um das Gitarren-Riff aus „Black Sabbath“ von Black Sabbath („You Know It’s About“) handelt. Mit dem abschließenden „Off The Record“ schlägt Ka dann wieder den Bogen zu seiner eigenen Vergangenheit und der des Genres: „These pages tell my life in the ‚ville/ Out here raising hell with license to ill.“ Mithilfe der Titel klassischer HipHop-Alben lässt er den Soundtrack seines bisherigen Lebens Revue passieren – wie eine Platte, die man immer und immer wieder auflegt: „If life was wax, I’d spin and rewind it.“
[…] vor allem von seinem angenehmen Flow, seinen kreativen Wortspielen und seiner tiefen Stimme, die an Ka, MF Doom oder den jungen Nas erinnert. Die Instrumentals dazu sind stets geschmackssicher gewählt, […]