Scott & Charlene's WeddingAny Port In A Storm
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Label:
Fire
VÖ:
26.07.2013
Referenzen:
Pavement, Peak Twins, The Lemondheads, Bitch Prefect, Boomgates
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Autor: |
Katja Diehl |
Als erster Reflex sind es die Bilder von blond toupierten Fönfrisuren, die der Bandname wieder hochspült, Bilder von Jason Donovan (kennt den noch jemand?) und der – obwohl die Halbwertszeit von Soap-Darstellern gegen dieses Phänomen spricht – heute noch weitaus bekannteren Kylie Minogue. Die beiden Darsteller heirateten in der australischen Serie „Neighbours“, die wohl auch Craig Dermodys Kindheit geprägt haben muss. Und ein wenig klingt auch das zweite Album seiner Band Scott And Charlene´s Wedding nach Kaugummikauen, Moon-Washed-Jeans und heißem Wüstenwind.
Nicht selten sentimental passt es sich der aktuellen Jahreszeit an, der Hitze des Sommers, die schon den Abschiedsschmerz beinhaltet, schließlich liegt der längste Tag des Jahres schon weit hinter uns. Das Beste im Jahr ist der Sommer – und in Australien ist der sogar unendlich. Vielleicht auch ein Grund, warum es Dermody nach New York verschlug: um die Härte von Jahreszeiten mal zu erleben. Aber glaubt man seinen Geschichten, die sich persönlich und zuhauf auf „Any Port In A Storm“ finden, so war es ein Mädchen, das diesen Ortwechsel über Kontinente hinweg verursachte. Und ihn dem Falschen im Großen Apfel aussetzte, das prägend genug war, um ihn einen Song zu widmen („Fake NYC“).
„Any Port In A Storm“ berichtet von Enttäuschungen, dem Beginnen, denen ein Ende vorausgeht. Scott & Charlene’s Wedding klingen wie The Lemonheads, wenn Dermody von „1993“ singt. Damit klingt der Track wie das Jahr, über das er berichtet und zeigt, dass sich seitdem eigentlich nicht viel verändert hat. Slacker-Attitüde ist heute wieder in, hat sich nur ein wenig gekämmt, um sich Hipster nennen zu können. Alles hat vielleicht weniger Kanten als noch vor 20 Jahren, ist geschmeidiger und mit weniger Reibung versehen, aber irgendwas zum Aufregen und (zumindest innerlicher) Rebellion ist immer noch vorhanden. So nehmen denn auch Songs wie „Jackie Boy“ ein wenig Fahrt auf, fröhlich scheppern die Gitarren, das Tempo tut Dermodys Stimme durchaus gut. Viel braucht die Band nicht, um gute Stimmung aufkommen zu lassen: Gitarren, Schlagzeug und ab dafür.
Dabei verbreitet „Any Port In A Storm“ unwahrscheinlich viel Charme, weil es der Lust am Spiel soviel Raum lässt. Bei Liedern wie „Downtown“ scheint Dermody – sorry – darauf zu scheißen, was perfekte Produktion so machen kann mit Sängern wie ihm. Es klingt beizeiten schräg und gequält, wenn er die Töne nach oben treibt, aber genau das nimmt ein und zaubert ein Lächeln in das Gesicht des Hörers. Ein wenig ist das Album aus der Zeit gefallen. Ein Rohdiamant, der mehr wohl auch schon nicht sein möchte. Auch die „Spring St“ liegt in NYC, so dass das Album ein wenig wie ein Tagebuch durch die Tage des Wandels, des Sich-Häutens und des Ablegens alter Gewohnheiten begleitet. Dabei bedeutet „Gewohnheit“ oft auch Beziehungen, die mit dem Wandel nicht mitgehen, sondern enden. Auch wenn man dabei aussieht wie ein „crazy fool“ – es ist stets der Rock´n´Roll, der einen über solch miese Zeiten rettet. Wer Pavement mag, ist auch diesem Australier nicht fern. Zumal Liebeskummer, Heimweh und geplatzte Träume jedem vertraut sind. Dermody ringt jedem Tief ein Augenzwinkern ab, das gut tut.
Schade, dass es nicht für die Auftouren-Liebe gereicht hat. Die Bewertung im unteren 80er Bereich passt aber, zudem gut geschriebene Rezension!