Daughn GibsonMe Moan

Was war der im vergangenen Jahr noch karg und grimmig. „All Hell“ galt durchaus als düsterer Gegenentwurf zum omnipräsenten James Blake, der ja auch nicht gerade für vor Freude strahlende Songs steht. Doch irgendwie konnte Daughn Gibson trotz mindestens ebenso markanter Stimmfarbe nicht gewinnend genug in den Vordergrund gerückt werden. Wie der Zufall es will, ergibt sich in diesem Jahr eine neue Chance.

Ähnlich wie Blake Anfang des Jahres legt Gibson auf „Me Moan“ den Hang zu skizzenhaften Kompositionen nahezu gänzlich ab und triumphiert damit auf ganzer Linie. Der klare, fein strukturierte Bariton des ehemaligen Truckers passt viel besser zu den ausgefeilten Arragements als es „All Hell“ vermuten ließ, so dass „Me Moan“ vom ersten Moment an fesselt und fasziniert.

Die Grundstimmung bleibt dunkel, jedoch mischen sich Farben ins Schwarz und Weiß, die die Atmosphäre von Anfang bis Ende variantenreich aufrühren. Ein „Pop!“-schreiendes Schattenkabinett, ein zuweilen fremdartig anmutendes Klangbild und dazu grundlegende Temposteigerung: Gibson führt viele Waffen, um sein Album fast schon anbiedernd zielgruppenumarmend anzubieten.

So deutet der Dudelsack in „Mad Ocean“ den Folkern den Weg, wohingehend das unglaublich eingängige „Kissin On The Black Top“ eine Art Americana 2.0 darstellen soll, inklusive gniedelndem Gitarrensolo und Mitsingrefrain. Doch Gibson setzt noch einen drauf und schluchzt sich zur Slidegitarre so ungehemmt durch „All My Days Off“, dass es einem selbst in der Grand Ole Opry Angst und Bange werden könnte.

Mit vielen neuen oder besser wiederentdeckten Ideen stellt Gibson seine Amerika-Vision aufregend und präzise dar. Ständig schimmert „Me Moan“ wie eine defekte Diskokugel, deren Glanz vergangener Jahre irgendwo auf halber Strecke verloren gegangen zu sein scheint. AUch den rosigen Schimmer des Albumcovers fügt er in den Gesamtkontext ein, ohne jedoch eine gewisse Strenge in Text und Ton zu vernachlässigen.

Es ist jedoch insgesamt die unglaubliche Reichhaltigkeit, die „Me Moan“ im Vergleich zum schon sehr guten „All Hell“ noch besser werden lässt. Das sind dann vor allem diese grandiosen, von ernster Schwere gezeichneten Countryfantasien, die mal ein schillerndes Honky-Tonk-Piano anhand gestellt bekommen und überdies dem noch im Vorgänger wohnenden Post-Dubstep eine klare Kampfansage erteilen.

Hat Blake somit Anfang des Jahres seine Idee von Soul und Song schon überzeugend dargeboten, vollzieht Gibson einen deutlich radikaleren Schritt und inszeniert seine sinistren Gedanken mit erheblich mehr Schmiss und Verve – und vor allem mit einer bewundernswerten Vielfalt.

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