Für den Romantiker steht hinter der Sentenz „Ready For Romance“ ein Fragezeichen. Die bange Frage, ob sie oder er wirklich bereit sei für die Romantik, ist essenzieller Bestandteil des romantischen Spiels und per Zweifel Garant für seine Relevanz. Alles andere ist nur Selbstverwaltung und Modern Talking.

Saigon stehen über so etwas. 2010 machten sie in Berlin ihre ersten Aufnahmen und sind inzwischen in Schweden beheimatet. Ihr Sound steckt voller Garage, DIY, Punk und Noise, aber mit viel Wille zu und Freude an Pop-Spielereien. Und „Ready For Romance?“ lässt sich hören.

Wie „Undo/Rewind“ könnte sich ein Strandausflug der Vaselines anhören, so freudig umgarnen sich weibliche und männliche Stimme, so galant holpert der Song, so cool klingt seine Surfgitarre. „Touching me and touching other people“ – ja, wenn, dann schon so. Zwei kompakte, stürmische Minuten dauert der Song, keine Sekunde zu lang. Die Hektik hinter „Night Fever (Who Could Have Known?“) könnte gewitzte Promotext-Schreiberlinge dazu verleiten, von ADS-Arcade-Fire zu reden. Und warum?

Weil es sich nach Talking Heads anhört! Also hibbelig, exaltiert und mit Funk-Einschlag. „2012“ und „2113“ bieten grelle Synthie-Spielereien und haben aller Wahrscheinlichkeit nach einen thematischen Bezug aufeinander. Welchen, das habe ich leider nicht herausfinden können. „Hypnosis 2:48“ ist tatsächlich sehr hypnotischer Shoegaze mit viel Noise und in Momenten sogar anstrengend, der wunderbar in die 90er gepasst beziehungsweise eine gute B-Seite für The Flaming Lips abgegeben hätte. Die Gitarre im knarzig klirrenden „Let It Shine“ ist in ihrem Seiltanz aus Feedback und Melodie edel und schön. Auch einige ruhigere, eher kontemplative Stücke mit Titeln wie „Time Flies“ finden sich zwischen den Smash Hits. Man muss ja auch mal zum Atmen kommen!

Gesamt: Kurzweil ist König. Krach macht Freude und Sinn. Atmen lässt sich zumeist auch später. So knackig und eilig, so spaßig und verspielt die Songs sind, so konzentriert schlagen sie ihre Bögen. Vielleicht ist die Person ready for romance, die Spaß hat und es versteht, zu genießen. Und zwar ohne Libido-Zentrierung, bitteschön! (Ich hörte vor einigen Wochen eine junge Frau sagen: „Bumsen, bumsen, bumsen! Alle wollen immer nur bumsen!“ Ich stelle höflich fest: Nein. Ich mache mir zum Beispiel, wenn ich den Text fertig geschrieben habe, einen Tee. Und bumse höchstens gegen den Schrank. Aber nur versehentlich und schmerzhaft.) Die Romanze spielt sich ab zwischen Band und Hörer. Sie ist leidenschaftlich und laut, sie schert sich nicht um Zukünftigkeit und Sittsamkeit. Keine Platte, um sie den eigenen Eltern vorzustellen, aber für romantische Stunden in Noise-Pop und DIY allemal gut.

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