BathsObsidian

Will Wiesenfelds Baths-Debüt wagte sich 2010 in tiefste Tiefen. Nicht nur die Taschentuchindustrie war höchst erfreut über dieses sensibel einnehmende Electronicawerk, auch die Musikpresse zeigte sich berührt. Der Nachfolger „Obsidian“ versammelt erneut zehn melancholische Kompositionen, die aber nicht nur in den Abgrund schielen, sondern sich zudem in höchste Höhen wagen.

Die Stücke auf „Obsidian“ schweben weder in einem schwerelosen Euphoriehimmel, noch befinden sie sich zusammengekrümmt und resigniert auf dem Boden. „I am elsewhere“, jauchzt Wiesenfeld auf dem feinfühligen „Incompatible“, das pluckert und eine minimalistische Klaviermelodie integriert. Chillwave, mit dem man Baths seit 2010 mancherorts naiv gerne bestempelt, ist das definitiv nicht. Nicht nur wegen der teils stimmlich apathisch vorgetragenen, depressiven Tendenzen der Texte: „And I never see your face, but I just might be okay, because I have no eyes, I have no love, I have no hope“, bekundet der mittlerweile 24-jährige beispielsweise in „No Eyes“.

Auch musikalisch konstituieren die Stücke eine Gebrochenheit, kriegen es paradoxerweise jedoch trotzdem hin, eine sehr eigene Harmonie aufzubewahren. „No Past Lives“ dient in dieser Hinsicht als Musterbeispiel: Die hypnotischen Effektschablonen nehmen den Hörer ein, werden aber stringent den gesamten Song über durch eine kurze Pianosequenz unterbrochen; als ungefähre Koordinaten sollten im Referenzkasten WHY? und The Postal Service genannt werden. Parallelen zu letzterer Formation werden vor allem in „Miasma Sky“ deutlich, einem leicht zerfranster Elektropop-Song mit 8-Bit-Klang, über den sich die weiche Stimme Wiesenfelds ausbreitet. Auch das mit Beats unterfütterte „No Eyes“ präsentiert sich mit Synthieflächen, die stark an den elektronischen Ben Gibbard erinnern. Kompositorisch erlaubt sich Wiesenfeld jedenfalls kaum Fehlgriffe.

Für das leicht apokalyptisch anmutende „Earth Death“ hat Wiesenfeld dann aber doch noch die Gitarre rausgeholt. Die dröhnt hier leicht verdeckt im Noise-Gewand, während er seinen geloopten Gesang und Hall-Effekte über dieses unbehagliche Gebilde streckt. „Inter“ ist dann wiederum am meisten das, was als Oberbegriff verworfen wurde. Ein eben „chilliger“ Ambientsound, der mit Akustikgitarre und ohne Lyrics ein insgesamt stilsicher kompaktes Album beendet, das den Hörer sowohl zu entwaffnen als auch zu entzücken weiß. Trotzdem: Tempo, bitte. Damit ist keineswegs mehr Geschwindigkeit gemeint.

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