Majical CloudzImpersonator
Tweet |
Label:
Matador
VÖ:
24.05.2013
Referenzen:
Perfume Genius, Doldrums, The National, LCD Soundsystem, Grimes
|
Autor: |
Katja Diehl |
Majical Cloudz – Arbutus Records – Künstlerkombinat – Doldrums? Bei den ersten Tönen hört man dem Album aus Montreal an, wo es entstand. Da gibt es die vertrauten Loops, eine markante Stimme und den Mut, Musikstücke sich entwickeln zu lassen und durchaus auch mal zu proklamieren.
Teilweise, beispielsweise beim titelgebenden „Impersonator“ oder das Piano bei „Bugs Don’t Buzz“, wirkt dieses Album wie der Auftritt eines Performancekünstlers und unterwirft sich damit nicht den klassischen Regeln unserer Hörgewohnheiten, die nach Drums, Beat und Struktur verlangen. Und genau das macht es so spannend. „Impersonator“ ist definitiv ein Album, das sich schwerlich in Einzelteile zerlegen lässt. Es ist ein Konzept. Aber hat dieses auch die Stärke, die das Debüt des Weggefährten Doldrums aufwies?
Denn natürlich müssen sich Devon Welsh und Matthew Otto diesen Vergleich gefallen lassen. Zu wuchtig war die positive Reaktion von Publikum und Presse auf den Erstling des jungen Genies aus Kanada. Und ja: „Impersonator“ ist unglaublich stark, zum Geniestreich fehlen dann jedoch jene zu Tode betrübenden und in den Himmel hebenden Finessen, die der Labelkollege beinahe beiläufig aus dem Ärmel zu schütteln scheint. Der Spannungsbogen kann über die Länge des Albums nicht immer gehalten werden – dennoch: Brillanz gibt es an vielen Ecken und vor allem die zweite Hälfte überzeugt mit Momenten, in denen Majical Cloudz weit näher an LCD Soundsystem sind denn an Doldrums oder Grimes.
Zum Einstieg folgt „This Is Magic“ nahtlos auf „Impersonator“ und wirkt wie dessen Zwilling. Blickt man nicht auf die Anzeige des Abspielgerätes, bemerkt man den Übergang nicht. Mit „Childhood´s End“ gesellen sich Synthies zur einprägsamen, hypnotischen Stimme Welshs, der es Hörern mit sehr klarem Englisch einfach macht, seinen Texten zu folgen. Genau darum scheint es ihm auch zu gehen: Die Texte stehen im Mittelpunkt des Geschehens. Um sie herum wird der Rest teilweise scheinbar schlicht gruppiert, was gelegentlich Längen erzeugt, die zu Abzügen in der B-Note führen. Majical Cloudz wecken den Wunsch, sie einmal live zu erleben, denn ihr Charisma schimmert aus jeder Ritze. Was wir hier hören, ist pure Lyrik.
Dementsprechend drehen sich die Texte auch um die zentralen Themen des Lebens: Beziehungen, Verlangen, die eigene Fehlbarkeit und Sehnsucht. Welsh wirkt wie ein Prophet, der vor die Menschen tritt, um ihnen von seiner Sicht der Dinge zu erzählen. Dieses Bild unterstützen Choräle und flimmernde Elektrosphären wie in „I Do Sing For You“. Genau nach diesem Song hat man allmählich genug von Lyrik, doch hier liegt die Kunst von „Impersonator“: Als hätten sie es gespürt, richten Majical Cloudz mit „Mister“ ihre Vehemenz, ihre Musikalität auf. Welsh singt, Dynamik rückt in den Vordergrund. Das Album ist geprägt von der Spielfreude zwischen Loops, Synthieversatzstücken und Samples in vielen Schattierungen. Um Welsh herum atmen die Echos anderer und seiner Lebenserfahrungen.
„Turns Turns Turns“ wirkt wie ein nächtlicher Spaziergang durch eine leere Stadt, in Reflektion auf den vergangenen, vielleicht eher regnerischen Tag. Hier sind Majical Cloudz doch wieder recht nahe bei Doldrums: Sie lassen Raum, überlassen es dem Hörer, was er aus ihrem Angebot macht. Denn das ist es, was mit diesem fragmenthaften, puzzleähnlichen Aufbau erzeugt wird: Der Wunsch, es für sich zusammen zu setzen. Majical Cloudz (warum eigentlich immer diese Schreibweisen!?) machen es dem Hörer nicht leicht, zeigen sich über lange Strecken kryptisch und fast ein wenig autistisch – und wecken Interesse, umso mehr, wenn das Album sich wie ein Buch entwickelt. „Impersonator“ wirkt geerdet, ohne einen Moment zu riskieren, auf „sicher“ zu gehen und gefallen zu wollen. Vielleicht schließen wir einfach mit den Worten der Band über „Bugs Don’t Buzz“: „I’ve been so sad and this song has been around – and I´ve been so happy and this song has been around.“ Ambivalenz – im besten Sinne.
[…] geschafft. „Flourish // Perish“ ist eine Spur zu brav und bietet weniger Kanten als die Dinge, die sonst aus Montreal so zu uns […]