Lower PlentyHard Rubbish
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Label:
Fire Records
VÖ:
05.04.2013
Referenzen:
Bill Callahan, Modest Mouse, Elliott Smith, I Am Kloot, Mazzy Star
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Autor: |
Sebastian Schreck |
Aus Australien kommen Lower Plenty. In anderen Bands (Dick Diver, Deaf Wish …) der Melbourner Indie-Szene spielen sie. „Hard Rubbish“ ist nach dem Tape „Mean“ das zweite Album der Band, nun sind beide Alben gemeinsam erschienen. Dabei wurde „Hard Rubbish“ schon vor einer Weile, vor zwei Jahren nämlich, aufgenommen. Ein langer Weg für zerschossene Songs, die nach Steinen und Wüsten klingen.
8 Spuren hatte das Aufnahmegerät, live haben sie „Hard Rubbish“ eingespielt und oftmals reichte der erste Take aus. Nichts daran ist hard, erst recht nichts rubbish. Stattdessen verteilen sich die neun Songs auf knackige 23 Minuten, denn skeletöse Dramen in Lo-Fi müssen nicht ausarten und wer tief genug in den Abgrund schaut, muss nicht lange stieren, ehe zurückgeschaut wird. Jensen Thjung und Sarah Heyward schauen gemeinsam zurück, mit zerbrechlichen, ungemein nahen Stimmen, die melancholisch umeinander tänzeln; der eine genüsslich croonend, die andere mit offenem emotionalem Visier. Man höre „Strange Beast“, von der Anfangszeile „Loneliness is the biggest killer of them all“ zum eindringlich wiederholten „Dance with me, strange beast“. Nähe suchen. ohne Nähe zu wollen. Und das alles im Soft-Rock-Gewand eines Mid-Tempo Alt-Country-Songs. Yes Depression!
Wenn Instrumente mal elektrifiziert werden, dann gleich richtig: Feedback-Schichten erden „Dirty Flowers“, dazu dissonante Piano-Schnipsel, ungeordnete Rhythmen und am Ende wird der Song abgeschnitten. In „Close Enough“ nähert sich Sarah Heyward ihrem Gegenüber bis in ihren Geist hinein: „In my mind you’ve got no legs to stand on.“ Ja, ohne Beine werden Wachen überwunden und es schwirrt und zwitschert aus den Schornsteinen der industrialisierten Selbstfabriken. Frei und traurig und groß zeigen Lower Plenty einem Conor Oberst, wie alternativer Country klingt: „Nullarbor“, ein Trennungssong mit eleganten Gitarrenspielereien: „She said: Do what you must/ cause soon you’ll be dust.“. „How Low Can A Punk Get“ beantwortet seine titelgebende Frage recht salopp: „I did not know/ but there you go“. Und am Ende sind alle traurig. Percussion-Seltsamkeiten halten solchen trockenen Folk-Rock zusammen.
Nein, als Country geht „Hard Rubbish“ höchstens mit der Ergänzung „Alternative“ durch. Rockmusik ist es nur entfernt, Pop höchstens im melancholischen Inneren. Lo-Fi-Folk könnte man die Musik von Lower Plenty nennen, mit bedrückender Stimmung und in bedrohlicher Nähe. Lower Plenty singen nicht für den Sommer bzw. wenn, dann nur für die große lähmende Hitze der Wüstensonne. Unter der Sonne findet sich: Ein kurzer Moment klarer Traurigkeit, in einem Hauch von Einsamkeit wird aller Schweiß egal. Eine Ruhe aus Unwohlsein, eine versteckte Spannung, ein Anklang der Sterblichkeit, der sich hören lässt. Wenn auch nur kurz.
Sehr schön beschrieben, Sebastian! Für mich eines der besten Alben der vergangenen Monate. 87% von meiner Seite.
Vielleicht sogar mein Album des ersten Halbjahres.