Nach knapp siebenjähriger Auszeit liefern die Thermals endlich den Nachfolger zu „The Body, The Blood, The Machine“ – so ähnlich könnte es hier geschrieben stehen, wären in besagter Zeitspanne nicht bereits zwei weitere Alben erschienen. Doch wo war sie eigentlich hin, die Band, die hintereinander federleicht „Fuckin‘ A“ und das eingangs genannte Album raushauen konnte?

Allein mit diesen beiden Werken haben die Thermals das Cochonnet derart weit geworfen, dass sie mit keiner weiteren Kugel mehr hinterher kamen. Dann neues Label, neue Marschrichtung, nicht ganz der alte Stil: Mit „Now We Can See“ und „Personal Life“ wurde auf einmal bei Gelb gebremst. Zeitgleich blieben auch die ganz großen Melodien aus, hier und da noch durch ein freudiges „O-hoho-hoho-ho“ kaschiert. „Wenn sich nicht mal mehr die Thermals nach den Thermals anfühlen“, so der nicht ganz abwegige Gedanke, „dann ist es wahrlich schlecht bestellt um das Trio aus Portland“. Im Nachhinein mag man diese Periode vielleicht etwas milder gestimmt als „die Killrockstars-Phase“ abtun (was bei vielen anderen für die Hochphase ihrer Karriere steht), in der Sänger Hutch Harris – wie nicht nur der letzte Albumtitel vermuten lässt – vielleicht auch hier und da genug mit sich selbst zu tun hatte.

Nun aber der nächste selbstbewusste Schritt – zurück. Was ausdrücklich positiv zu verstehen ist. Erneut bei einem neuen Label, genau genommen bei Saddle Creek, der Brutstätte von Bright Eyes. Dort orientieren sich die Thermals nun an ihren eigenen Anfangsjahren: Keine 28 Minuten benötigen sie, um sich durch die zehn Stücke ihres sechsten Albums zu hetzen. Im wahrsten Sinne des Wortes: Denn Punk ist hier nicht nur die Spielzeit, sondern vor allem die stumpfe Lo-Fi-Produktion. Hutch packt dazu so viel atü auf die Stimme, als hätte er nur noch die Nachspielzeit, um das Match für sich zu entscheiden. Doch was heißt das schon in diesen Zeiten?

Auch thematisch orientiert sich „Desperate Ground“ ein wenig an „The Body, The Blood, The Machine“. Von der eröffnenden Single „Born To Kill“ über das zentrale „The Sunset“ bis hin zum letzten Aufbäumen in „Where I Stand“ wird das Bild eines kompromisslosen Söldners gezeichnet, der am Ende nur noch die Minuten vor seinem Tod zählen kann: „No use to run. Soon they will come. I will defend. Here I will end.“ Dabei steht der jubilierende Sound der Band in krassem Gegensatz zu den düsteren Szenarien der Texte. Darüber kann auch der vermeintlich hoffnungsschimmernde Abschluss mit „Our Love Survives“ nicht hinwegtäuschen.

Selbst wenn „Desperate Ground“ immer noch nicht ganz an das Niveau der ersten drei Sub-Pop-Alben heranreicht und sich die Thermals bisweilen so arg selbst wiederholen, dass Hutch eigentlich auffallen müsste, dass er die Zeile „When I die“ in „Sword By My Side“ früher schon mal ganz genau so gesungen hat, ist eines unstrittig: Mögen die Thermals noch so häufig als gewöhnliche Powerpop-Punkband tituliert werden, so gibt es am Ende doch nichts komplett Vergleichbares. Und vermutlich hat man genau deswegen so viel Freude an „Desperate Ground“. Wenn sich die Thermals endlich wieder nach den Thermals anfühlen.

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