Auch auf seinem fünften Soloalbum „Wakin On A Pretty Daze“ gniedelt sich Kurt Vile mit solch einer schlafwandlerischen Sicherheit durch die Songs, dass man am Ende nicht weiß, ob man dem Stück bereits zehn oder lediglich drei Minuten lauscht. Da ist es schon beinahe beruhigend, dass Vile zumindest im Alltag diese Lässigkeit abhanden geht und er sich mit den gleichen Problemen wie jeder andere herumschlägt – zumindest lassen die Songtexte darauf schließen.

Und natürlich ist es möglich, dass die Musik ebenfalls längst nicht mit der Leichtigkeit entsteht, nach der das Ergebnis klingt – auch wenn Kurt Vile genau diesen Eindruck vermitteln möchte und im Song „Was All Talk“ behauptet: „Makin music is easy/ watch me“. Jeder der elf Songs auf „Wakin On A Pretty Daze“ klingt, als begebe sich Vile mit seiner Gitarre auf eine Reise, ohne zu wissen, wohin ihn diese führt oder wie lange es bis zum Ziel dauert. Und ob man dort überhaupt jemals ankommt.

Den Zuhörer nimmt der Gitarrist aus Philadelphia mit auf die Reise, die hypnotische und repetitive Musik lädt wie schon der tolle Vorgänger „Smoke Ring For My Halo“ ein zur Tagträumerei und zum Eskapismus: „I wanna live in my fantasy infinity/ there I will never be abandoned/ there I’ll have a handle against everything“. Allerdings bleibt „Girl Called Alex“ einer der wenigen Songs, bei denen sich Vile selbst diese Flucht in die eigene Fantasie gestattet. In seinen Songtexten behandelt er vielmehr schonungslos seine Fehler und Schwächen und zeigt sich beispielsweise im Song „Too Hard“ bemüht, ein besserer Mensch zu werden: „I will promise to do my very best/ to do my duty“.

Kurt Viles Kritiker stören sich meist an der vermeintlichen musikalischen Eintönigkeit sowie am Gesangsstil des ehemaligen Gitarristen von The War On Drugs. Tatsächlich ist der gelangweilte Gesangsvortrag, bei dem Vile die Vokale ähnlich wie der junge Bob Dylan oft endlos dehnt, gewöhnungsbedürftig und dürfte wie die Stimme des gerade Erwähnten stark polarisieren. Doch musikalisch bietet „Wakin On A Pretty Daze“ weit mehr, als man beim ersten Hören erahnt: Auch wenn stets die Gitarren im Vordergrund stehen und Songs minutenlang um eine Akkordfolge kreisen, sorgen Elemente wie die Cowbell und das Classic-Rock-Riff in „KV Crimes“, der treibende elektronische Beat in „Was All Talk“ oder der plötzliche Tempo- und Stimmungswechsel in „Pure Pain“ für genügend Abwechslung. Vor allem verpufft diese Kritik der Eintönigkeit jedoch, da Kurt Vile immer dann am stärksten ist, wenn er mit ausufernden und scheinbar nie endenden Songs in seinen Bann zieht – wie beim Fast-Titelsong „Wakin On A Pretty Day“ oder bei der abschließenden Ballade „Goldtone“, zu der Emily Kokal von Warpaint Hintergrundgesang beisteuert.

2 Kommentare zu “Kurt Vile – Wakin On A Pretty Daze”

  1. Pascal Weiß sagt:

    Bin komplett auf Deiner Seite, Daniel, deutlich ausschweifender als der ebenso tolle Vorgänger. Nur das Plattencover wäre noch eine Erwähnung wert gewesen, wie ich finde ;)

  2. […] seinem inzwischen fünften Soloalbum „Wakin On A Pretty Daze“ ist Kurt Vile ein wahrlich großer und vor allem erwachsener Schritt gelungen. All seine […]

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