Atoms For PeaceAMOK

Eine Bezeichnung, die Angstschweiß hervorbringt: Supergroup. Mick Jagger hatte sich zum Beispiel 2011 als „Superheavy“ mit Joss Stone und Damian Marley verbündet, Lou Reed 2012 mit Metallica. Nur zwei der unendlichen Beispiele, warum man diesen Allstar-Ensembles mit Vorsicht begegnen sollte. Jetzt also auch Thom Yorke: gemeinsam mit Flea, dem Bassisten der Red Hot Chili Peppers, Radiohead-Hausproduzent Nigel Godrich und Joey Waronker, Ex-Schlagzeuger von Beck und R.E.M. hat er Atoms For Peace gegründet. Das Resultat ist hier erfreulicherweise zur Abwechslung mal kein indifferentes Genre-Allerlei geworden.

„AMOK“ reiht sich in die progressive Manier von Yorkes Solodebüt „The Eraser“ ein, von dem auch der Song „Atoms For Peace“ Namensgeber für das Projekt ist. Verschlungen elektronisch eröffnet das pluckernde „Before Your Very Eyes“ das insgesamt schwerfällige Inszenario. Vielschichtiges und verschachteltes Laptopgefrickel, neben das sich auch immer wieder vereinzelt eine klar erkennbar natürliche Instrumentierung gesellt, die es aber erst einmal zu entwirren gilt. Auf dem zerstückelt wirkenden „Default“ legt sich Yorkes schwelgerische wie weltfremde Stimme auf weitläufige, morbide Synthieflächen. Komplex anmutende Kompositionen, die mit brüchigen Beats arbeiten und sich jeglicher Klassifizierung entziehen. So fragmentarisch sie anmuten: Am Ende fügen sich die Songs auf „AMOK“ doch zu einem organischen Ganzen.

Nur teilweise lassen sich die einzelnen Elemente identifizieren und ihren Beteiligten zuzuordnen. Fleas Bass, der sich auf „Dropped“ findet, ist tatsächlich melancholisch präsent und schenkt diesem Track eine unterirdische Lebendigkeit. Auch „Judge Jury And Executioner“ enthält diesen minmal gehaltenen, aber doch nahezu singenden Bass, der sich subtil an die Claps und halligen Effekte anschmiegt. Doch dieser Track scheint neben „Reverse Running“ wegen der noch ansatzweise vorhandenen Transparenz eher die Ausnahme zu sein. Yorke zementiert auf „AMOK“ die restlose Emanzipation von klassischen Songarrangements: Klare Kompositionsordnungen scheinen ihm endgültig zuwider und zu konservativ zu sein. Das nebulöse Titelstück mag hier als Beispiel dienen: Hypnotisch anmutend verdichten sich die einzelnen Elemente immer mehr, bis man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht.

Neben der brüchigen und spannenden Atmosphäre, die „AMOK“ durchweht, stellt sich aber auch die Frage, ob die Platte nicht gerade durch ihre Tendenz zur Überlagerung ein wenig an Reiz verliert. Sollte es jedoch auch auf diesem Album Yorkes Ziel gewesen sein, die endgültige Loslösung vom Rock zu vollziehen, kann man ihm nur gratulieren. Und wenn das nächste Album der Red Hot Chili Peppers in Ansätzen wie dieses hier klingen sollte, kann man ihm dann auch noch dankbar sein.

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