Der richtige Zeitpunkt ist wichtig. „Ich will endlich tanzen / wie ich noch nie tanzte“, erklingen die ersten Worte auf Banque Allemandes großartigem zweiten Album. Zu diesem Zeitpunkt fegt das noisige Trio bereits eine halbe Minute im Groove dahin, lediglich zwischen zwei taktelang durchgeschabten Akkorden hin und her wechselnd.

Die ersten Worte erklingen nicht dann, wenn man sie erstmals erwartet, sondern dann, als man sich langsam damit abfindet, gar keine Worte mehr auf dem Eröffnungsstück „Suchmaschine“ zu hören. Wie so vieles auf „Willst Du Chinese Sein Musst Du Die Ekligen Sachen Essen“ kommen sie ohne große Eile, jedoch nicht ohne Dringlichkeit: Wenn sie erklingen, ist man dermaßen in den Strom dieser Musik eingeklinkt, dass sie flott dahingeredet direkt in die eigene Stirn zu schießen scheinen. „Wir suchen das Leben in unseren Maschinen. Wir finden den Tod.“

Wo kommt dieses Album nur her? Aus Deutschland – aus Berlin sogar, daher wo angeblich alles passiert – doch selbst in dortigen Spezialplattenläden wird man es bislang kaum angefunden haben. Wer sich nicht mit einem Download begnügt, muss warten, bis die Importe des kalifornischen Labels eintreffen, auf dem die Berliner bereits ihr Debüt veröffentlichten. Doch Geduld scheint gerade angesichts eines Albums angemessen, das seine wunderbare Wirkung aus dem kunstvollen Ausstrecken bezieht.

Denn obwohl Banque Allemande wie viele Noiserock-Bands einen komplexeren Sound erzeugen, als man es von nur drei Leuten erwarten würde, dürften auch sie live eindrucksvoller klingen, als es sich auf einem Album einfangen ließe. „Schwarz Vor Schwarzer Wand“ ist ein Genuss für alle Fans eines feucht peitschenden Schlagzeugantriebs, metallen sägender Gitarre und voluminös wabernden Viersaiters, wartet auch mit einem verdammt catchigen Refrain auf, in dem das Wort „Radio“ bis kurz vorm Zerreißen gedehnt wird. Doch was bis dahin klasse Songs wie ihn oder „Hundert Jahre Berlin“ erst grandios macht ist, wie Banque Allemande die vergnüglichen Noiserock/Garage-Wurzeln ihrer Musik in krautiger Repetition transzendieren, wie sie den Lebensabschnittt, den man selbst beim Hören mit solchen Songs und ihrer Klangwirkung verbringt, verlängern und intensivieren. Vielleicht nicht ganz unähnlich zu Lards „The Power Of Lard“, dieser ungleich plemplemeren Jello-Biafra-Nummer, die umso großartiger wird, je öfter sie vermeintlich endet und dann doch nochmal diesen Basslauf loslegt.

Andersrum zeigen Banque Allmande Bemessenheit, wenn sich im punkig flinken und untypisch kurzen „Nicht Viel Nur Einzwei Tausend“ der Refrain zum Ende hin gerade so oft wiederholt, bis ein weiteres Mal zuviel gewesen wäre. Anhand von „Warmes Wasser“ lässt sich gut nachvollziehen, wie druckvoll, verkracht und letztlich aber auch ausdifferenziert die Produktion von „Willst Du Chinese Sein Musst Du Die Ekligen Sachen Essen“ ist: Eine demohafte frühere Aufnahme wirkt fast schon wie eine andere Band, ohne die physische Klangwirkung der Albumversion. Auch der Drone von „Schlaf An Einem Anderen Tag“, der sich in infernalische Bass-Oszillation steigert, drückt diese Musik gekonnt zu erhöhter Geltung. Für eine Gitarrenband, vor allem eine Rockband, ist es im Jahre 2013 nicht nur wichtig was sie macht, sondern auch wie sie klingt. Banque Allemande verleihen ihrem Sound ein Gewicht, dass ein simpler Tonlagenwechsel eine bedeutsame Kraft entfaltet und in Repetition nochmal mitreißender wird. Hoffentlich wird das nicht ausgerechnet im eigenen Land unbeachtet bleiben.

2 Kommentare zu “Banque Allemande – Willst Du Chinese Sein Musst Du Die Ekligen Sachen Essen”

  1. Wunderbare Platte!

    Habe gestern Abend „Schwarz vor Schwarzer Wand“ gleich zweimal gespielt – den Leuten hat’s gefallen ;-D

  2. Carl Ackfeld sagt:

    Ist das mal bitte genial? Ohne unseren Sonderbeauftragten für obskure Kostbarkeiten wäre das komplett an mir vorbeigegangen! Besten Dank Uli!

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