DelphicCollections

Ja, wisst ihr noch: Vor nicht allzu langer Zeit erschien „Acolyte“, das Debütalbum einer Band aus Manchester, ein Album, das so einige aufhorchen ließ. Die Beats waren knackig und forsch, aber trotzdem auf Indie gedreht, so dass Dancefloors in Massen geentert wurden, die Songs waren tight, elegant und irgendwie futuristisch bzw. futuristisch im Angesicht der musikalischen Historizität Manchesters – die Band machte was her. Leider war das Feuer aber gemäßigter als der Rauch, den Delphic verbreiteten und der Platz im kollektiven Gedächtnis unter der Rubrik „Electro-Rock“ bereits mit New Order zur Genüge ausgefüllt, so dass sich manch einer fragt: „Delphic? Ach, stimmt, da war ja mal was!“

Soll heißen: Mein märchenonkeliger Einstieg kommt nicht von ungefähr. Delphic gingen einen langen Weg zum zweiten Album, zu „Collections“. Ausgelaugt waren sie, von Schreibblockaden geplagt und der Band und überhaupt allem müde. Sie rafften sich aber wieder zusammen und fanden einander wieder. Neu erfunden haben sie sich aber nicht so richtig, wie man der Schwierigkeit des Findens von musikalischen Unterschieden zwischen den beiden Platten sicherlich anmerken wird, denn Electro-Rock ist das nach wie vor, voller New Order und Manchester. Die Attitüde von Songs und Gesang ist unterkühlt, leicht blasiert, cool halt, wie eh und je. Und tanzbar sind die Songs auch („Baiya“, „Of The Young“), auch wenn – und hier sind wir bei den Unterschieden – das Tempo etwas raus genommen wurde: Nicht gebollert wird, sondern im Midtempo verharrt. Gleichzeitig sind die Songs knapper und anschmiegsamer, während die stilistische Bandbreite erweitert wurde. Wie passt das zusammen?

Nicht sonderlich. „The Sun Also Rises“ ist bester A-ha-Stadionrock mit schleimigem Synthie-Identifikationspotential genug, um Stadien zu elektrisieren. (Andererseits: Wenn schon Stadionrock, dann wenigstens A-ha.) Die Songs schwanken oft in sich und die Ausarbeitung verschiedener Teile und Stimmungen scheint Delphic nahezu zum Selbstzweck verkommen zu sein: „Don’t Let The Dreamers Take You“ zum Beispiel, das zwischen melancholischer Pianoballade und beatlastiger Hymne wabert und am Ende nur noch aus choralem Falsett-Pathos besteht. Ähnlich ergeht es, wenn auch holpernder, „Changes“ sowie dem ausufernden „Atlas“, dessen Breaks krachen und dessen Abgang eine große Geste in Radiostimme (und Chor, Geräuschen, durchgängigem Synthie, prägnantem Gitarrenmotiv, na klar) ist. Keine Sorge: Wir sind horizontal weitreichend und mögen doch Abwechslung. Aber wir merken auch, wenn die Abwechslung arg weit her geholt klingt und Delphic täten wohl daran, einen Haken weniger zu schlagen.

Vielleicht meinen sie ja, etwas beweisen zu müssen? Ein paar stilistische Grenzsetzungen finden sich zum Beispiel im coolen 90er-Rap-Part im Path-Hop (Mischung aus Pathos und HipHop, wenn das mal kein abstrus künstliches Genre ist!) von „Exotic“ und im Geräusch-Piano-Instrumental „Tears Before Bedtime“, in dem eine Beziehung am Telefon zerbricht und eine weibliche Stimme fleht („Talk! Talk!“) und konstatiert: „This conversation is going nowhere.“

Tja, und Delphic, wohin geht es mit denen? Nicht arg weit, aber gleichzeitig zu weit. Zwar fährt noch kein Zug nach Nirgendwo, aber „Collections“ klingt eher so, als ob der Lokomotive Delphic langsam die Puste ausginge. Das hört sich nicht mal schlecht an, aber nicht mal schlecht ist ja nun auch gar nicht so gut. Vor 3 Jahren hatten Delphic mehr Momentum als sie verdient gehabt hätten, heute ist es von vornherein weniger, so sehr sich die Band auch abstrampelt.

3 Kommentare zu “Delphic – Collections”

  1. Ich find ja „Sun Also Rises“ super! Klingt nach einer Mischung aus Yeasayer und Naked & Famous. Dem Rest und vor allem der Wertung stimme ich zu: Leider etwas verzettelt und zu viel gewollt…

  2. Hab’s versucht und fand es nach dem ersten Song, gar nicht mal so schlecht. Bis zum Ende hab ich dann leider trotzdem nicht durchgehalten. Das Debüt mochte ich, schade.

  3. […] recht viel experimentiert. Da gab es zum Beispiel Delphic, die auf ihrem aktuellen Album „Collections“ die schnellen Synthiesounds hinter sich ließen und euphorischen Dance-Pop mit einer großen […]

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