Jake BuggJake Bugg

Wenn die Presse der Insel nichts Geringeres als die Rettung der Gitarrenmusik mit der Wirkmacht der Strokes zu „Is This It“-Zeiten ausruft, werden wir Kontinentaleuropäer immer hellhörig und wenden uns meist gähnend, mit der Begründung diese Hype-Euphorie komme eindeutig viel zu häufig vor um ernst genommen zu werden, ab. Auftritt: Jake Bugg. Die britische Presse tut genau das zuvor beschriebene, Noel Gallagher findet ihn toll und Paul Weller soll auch schon beim Kopfnicken gesichtet worden sein.

Buggs Äußeres verweist unverhohlen auf die ruhmreiche Epoche des Britpop. Er zeigt sich aber auch gerne als Loner mit Gitarrenkoffer und hochgeschlagenem Kragen, dem jungen Bob nicht unähnlich und dabei wie dieser ausgesprochen ansehnlich – der personifizierte, feuchte Traum eines jeden A&R. Musikalisch weist die Dylan-Assoziation tatsächlich in die richtige Richtung: Bugg präsentiert sich als klassischer Singer/Songwriter in der Tradition britischen oder amerikanischen Folks inklusive gelegentlicher Elektrifizierung, wobei die Betonung dann doch eher auf britisch liegt. Seine Instrumentierung ist überwiegend minimal, fokussiert auf das Nötigste: Oft nur Akustikgitarre und sein Gesang, dessen Akzent ich leider nicht verorten kann.

Der 18-jährige Posterjunge, der sein Debüt selbstbewusst ebenfalls „Jake Bugg“ benannt hat, ist dabei von einer adoleszenten Unverfrorenheit beseelt, die man erfrischend nennen kann. Wenn er, im Refrain zu „Seen It All“, behauptet: „I swear to god, I’ve seen it all/ Nothing shocks me anymore,“ dann wirkt das durchaus erst einmal ganz schön dick aufgetragen für einen solchen Grünschnabel, aber große Fresse hat im UK noch niemand geschadet. Zudem unterwandert Bugg locker jedes rockistische Authentizitätsgehabe, indem er in Interviews freimütig zugibt, seine Songs nicht alle alleine geschrieben zu haben und dass man nicht alles, worüber man singt selbst erlebt haben müsse, sondern dass es eher um die Glaubwürdigkeit des Vortrags gehe.

Weitere Themen gehören zum Kanon und sind bekannt: Es wird gesoffen, geraucht und Pillen geschmissen, das ganze Programm adoleszenter Wochenendgestaltung durchgezogen um die Langeweile, innere Leere, die schnöde Welt oder die Probleme mit der Liebe zu vergessen. Der Mensch hat es halt nicht leicht in unserer post-postmodernen Welt.

Sogar zuckersüße Balladen – „Schnulzen!“ möchte man ausrufen – hat Bugg im Programm, aber die ganze Darbietung des Albums ist dermaßen entwaffnend charmant-lausbübisch, dass mir jegliche gallige Kritik zu säuselnder Lobpreisung gerinnt. Zur Rettung der Gitarrenmusik, falls diese denn der Rettung bedarf, reicht es freilich nicht, aber Jake Bugg ist ein wirklich feines, irgendwie aus der Zeit gefallenes Debüt gelungen.

2 Kommentare zu “Jake Bugg – Jake Bugg”

  1. Ich würd sagen, das ist weniger ein regionaler als ein amerikanischer Dialekt – in etwa wie manche US-Punkbands sowas wie eine britische Aussprache gebrauchen.

  2. […] ablenkt. Doch in Wirklichkeit ist er das britische Wunderkind der Stunde und somit nach Jake Bugg und Palma Violets schon mindestens der dritte Act, der dieses Jahr auserkoren wurde, Englands […]

Einen Kommentar hinterlassen

Platten kaufen Links Impressum