U.S. GirlsGEM
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Referenzen:
John Maus, James Ferraro, Dum Dum Girls, The Ronettes, The Crystals, The Beach Boys, Nico
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Autor: |
Felix Lammert-Siepmann |
Sie ist es tatsächlich. Bisher sprengte Meghan Remys Ein-Mann-Show U.S. Girls regelmäßig jeden geordneten Rahmen. Die Kanadierin spielte sich auf einer Hand voll Alben unbeirrt durch die Facetten experimenteller Musik und ließ dabei keine Möglichkeit aus, so unzugänglich wie möglich zu klingen. Sie hatte ihre Nische gefunden, in der sie Verwirrung stiften und den Hörer immer wieder vor den Kopf stoßen konnte. Das vor einem Jahr erschienene „U.S. Girls On Kraak“ schien genau zu sagen, dass es immer so weiter gehen konnte.
Doch „GEM“ ist anders, schon äußerlich. Das aufgeräumte, kräftige Cover mutet zahm an, die Vorabsingle „Jack“ verstärkte den Eindruck, dass sich Meghan Remy fortan in einen Bereich begeben würde, der schon durch etliche Indie-Bands belegt ist. Ein Trugschluss, wie sich schnell herausstellt. Denn auch „GEM“ macht genau das aus, was auch schon die Vorgänger auszeichnete, nur in einem anderen Spektrum. Remy macht einfach weiter damit, ihr Publikum mit einem großen Reservoir hinters Licht zu führen, immer wieder Erwartungen zu erzeugen, um schließlich doch eine ganz andere Richtung einzuschlagen. Hier geschieht dies nicht mehr in Noise, Avantgarde oder Drone, sondern mit Anlehnungen aus einer Zeitspanne vom Girl-Pop der 1960er Jahre bis hin zum süßlichen Synthpop der Gegenwart. Für besonders überraschte Gesichter dürften hier in der Tat die Rückgriffe auf die 60er Jahre sorgen: „Down In The Boondocks“ ist auf den ersten Blick ein typischer Song mit Phil Spector an den Reglern, den Remy wirkungsvoll zuerst auseinander nimmt und schließlich für ihre Bedürfnisse wieder zusammen baut. Auch am Glam Rock findet sie Gefallen („Slim Baby“) und Synthpop („Work From Home“) kann sie sowieso.
Bei all diesen Wechseln ist es die durchgängige Klarheit in Klang und Haltung, die das vielleicht stärkste Charakteristikum dieses Albums ist. Durch die sehr stimmungsvolle Produktion vereinnahmt Remy die einzelnen Stile so sehr für sich, dass sie mehr sind als die nackte Interpretation der letzten Jahrzehnte, sondern ganz im Gegenteil die ersten Schritte zu einem neuen eigenen Trademark setzen – ein Phänomen, das bei John Maus in ähnlicher Weise zu betrachten ist. Damit verbunden zeigt „GEM“ Meghan Remy erstmals als selbstsichere Frau, die sich nicht mehr hinter verzerrten Klangschichten versteckt. Das sich traurig dahinschleppenden „Rosemary“ zum Beispiel behält den selbstbewussten Blick nach vorne bei, Remy ist hier nicht verloren, sondern kennt ihren Weg genau.
Label: FatCat
Referenzen: John Maus, James Ferraro, Dum Dum Girls, The Ronettes, The Crystals, The Beach Boys, Nico
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VÖ: 30.11.2012