Paul BanksBanks
Unter uns: Nicht der distanziert betrachtende Kritiker sägt am lautesten an der Würde der Kunst, sondern der enttäuschte Fan von früher, unter dessen rosaroter Brille schwarze Abneigung, geboren aus unerfüllten Erwartungen, schlummert. Die Verkörperung dieses Phänomens trägt den Namen Thees Uhlmann und wird auf dieser Seite perfekt dokumentiert.
Interpol sind da nicht anders: Das Versprechen, das „Turn On The Bright Lights“ 2002 gab, drehte sich dunkel und distinguiert um die eigene Achse. „Antics“ perfektionierte diese Attitüde 2004 zur Formel, „Our Love To Admire“ war 2007 nur noch Formel und „Interpol“ interessierte 2010 nur noch die unerleuchteten Schatten der Vergangenheit. Paul Banks ist Interpols Sänger und Gitarrist. Er brachte unter dem Pseudonym Julian Plenti 2009 bereits ein Soloalbum mit Songs aus der Zeit vor Interpol heraus, die wie etwas leichtere Interpol-Stücke klangen.
Auf „Banks“ hat Julian Plenti eben jenem wieder Platz gemacht und die Songs sind bis auf das unangenehm ausufernde, aber in den leisen Passagen sehr schöne „Summertime Is Coming“ alle neu, nur leider nicht so recht anders. Geschweige denn interessant. Dabei geht die schwirrende Electronica von „The Base“ vielversprechend los: Ein elegantes Pluckern, dezente Gitarren, Banks‘ prägnant dunkle Stimme, dazu noch ein paar Streicher. Durchaus anders und mehr als die Formel der Hauptband. Doch nach der zweiten Bridge mähen knarzende Gitarren alles nieder. Und die Eleganz ist dahin. Schade. „Over My Shoulder“ ist eine gute Interpol-B-Seite mit der zentralen Zeile wie aus dem metaphorischen Malen nach Zahlen: „You only hold me/ like the canyon holds the stream“. Paul Banks macht durchaus Dinge anders und erlaubt sich mehr als bei Interpol. Er sampelt in „Another Chance“ Spoken Words über Vergebung zu verträumter, pianoklimpriger Fahrstuhlmusik, deren Spannungsaufbau gen Ende zumindest wirksam ist. Er lässt seine Songs weit ausholen und dann ausufern („No Mistakes“). Er schreibt cineastische Instrumentals („Lisbon“).
Die Grundformel aber ist die selbe wie bei Interpol. Und da ist sie schon überstrapaziert. Das mag an Banks‘ wie für melancholischen Pathos geschaffener Stimme liegen, an den schweren Gitarren, am wuchtigen Schlagzeug. Ob nun lautstark wie das wuchtige „Paid For That“ oder das sinistre „Arise, Awake“, den (all zu) großen Zeilen der Primärband werden nur Fußnoten und Variationen hinzugefügt. Ein bisschen anders zwar, aber immer noch das Selbe. Und je häufiger das Selbe wiederholt wird, um so uninteressanter wird es. Zwingende Momente sind rar gesät und ein Entkommen aus der eigenen Formel gelingt Paul Banks nicht, auch wenn er sich bemüht. Vielleicht sollte Banks, auch bekannt als HipHop-DJ Fancypants (haha) mal versuchen, zu rappen. Das hätte zumindest was …
Label: Matador/Beggars Group
Referenzen: Interpol, Spoon, Echo & The Bunnymen, Sophia, Editors
VÖ: 19.10.2012
Och, naja. „Nicht der distanziert betrachtende Kritiker sägt am lautesten an der Würde der Kunst (…)“, hehe, an der Würde der Kunst sägen. Ich finde eher, man verteidigt sie, wenn man Schlechtes schlecht nennt.
Und dieses Album hier, ob ich’s mir wohl jemals anhören werde?