Tame ImpalaLonerism
Tweet |
Referenzen:
Pond, The Flaming Lips, Grizzly Bear, Black Sabbath, MGMT, Wings
|
Autor: |
Michael Schels |
In der Regel verbindet man Australien zuallererst mit Kängurus, dem Ayers Rock und dem Opernhaus in Sydney. Diesen großen Kontinent allerdings nur auf das zu reduzieren wäre töricht, auch wenn hierzulande fast nichts von der ehemaligen Britischen Kolonie ankommt. Musikalisch gesehen haben die Aussies nämlich viele Leckerbissen zu bieten – ein nicht unwesentlicher ist Tame Impala.
Das „zahme Impala“ aus der Westküsten-Metropole Perth sollte Hörern von modernem Psychedelic Rock seit dem 2010 erschienenen Debüt „Innerspeaker“ ein Begriff sein: Auf dem mit dem Rolling Stone Award ausgezeichneten Album wurde eingängige Gitarrenmusik zelebriert, mit dem Charme des 60er/70er-Krautrocks und einer für das Genre überdurchschnittlichen Produktion. Mastermind hinter dem Projekt ist Kevin Parker, der weiterhin fast alle Instrumente in Eigenregie einspielte und sich für das Abmischen des Nachfolgewerks passenderweise erneut Dave Fridmann ins Boot geholt hat – jener zeigt sich etwa verantwortlich für die Produktion aller Alben der Flaming Lips.
„Lonerism“ handelt grob vom Alleinsein und dessen Vorzügen und Nachteilen. Das zeichnet sich nicht nur in den Texten ab, auch der Sound der Platte verkörpert dies: „Lonerism“ wirkt introvertierter und persönlicher als alles, was man von Tame Impala zuvor zu hören bekam. In „Why Won’t They Talk to Me?“ singt Parker mit seiner weit entfernt klingenden Stimme „Out of the sun, now that I see, I don’t need them and they don’t need me.“ In einem Strudel aus Synthesizer-Effekten und trabenden Drums wird genau die Stimmung wiedergegeben, die diese Textzeilen erahnen lassen, ein zurückgelehntes, etwas gleichgültiges Feeling schwingt mit. Auch wenn sich im Verlaufe des Songs nicht herrausstellt, warum denn niemand mit ihm redet, klärt er gegen Ende auf: „But I don’t really care about it anyway, I wouldn’t listen to a word any others say.“ Es geht also nicht ums Trübsal blasen, sondern eher um die Erkenntnis, dass es auch mal ganz in Ordnung ist für sich zu sein. „Feels Like We Only Go Backwards“ schlägt noch in dieselbe Kerbe, doch musikalisch gesehen sind einige Songs aus ein wenig anderem Holz geschnitzt.
Auf „Keep On Lying“ wird nämlich nach der einzigen, ziemlich nach Lennon klingenden Strophe dem Orgelklang von The Doors gehuldigt, um den Song anschließend mit einem Gitarrensolo à la Jimi Hendrix zu beenden. Es ist also kein Geheimnis, welche Einflüsse Tame Impala haben, dennoch ist „Lonerism“ zu keinem Zeitpunkt eine schlichte Kopie. Eher ein zeitloses Werk – inspririert von solch ’69er-Größen wie Grateful Dead. Dass es auf der anderen Seite sogar ziemlich in der Gegenwart verankert ist, zeigen nicht zuletzt die artverwandten zeitgenössischen Psychedelic-Schwurbler wie Peaking Lights oder Sun Araw, die mehr elektronische Instrumente einsetzen und eine ganz andere Facette dieses Genres offenbaren.
Tame Impala hingegen greifen auf Ästhetiken der „Hippie-Generation“ zurück und verkörpern deren Gespür für hervorragende Arrangements. Und wer hat sich nicht schon einmal ausgemalt, was wäre, wenn Lennon und Harrison noch leben würden, sie auf ihrem Acid-Trip hängen geblieben wären und mit den Beatles ein neues Album aufnehmen würden? Vielleicht würde es „Lonerism“ auf beängstigende Weise ähneln.
Label: Modular
Referenzen: Pond, The Flaming Lips, Grizzly Bear, Black Sabbath, MGMT, Wings
VÖ: 05.10.2012
[…] Sundfør – The Silicone Veil Referenzen: Zola Jesus, Patrick Wolf, Austra, Radiohead, Björk […]