Useless Children / Dope Body: Lynch und Tropenhits


Dass das australische Trio Useless Children keinen Kuschelrock fabriziert, lässt sich schon anhand ihrer Gästeliste schließen: Während der Sänger der (unlängst von Sub Pop mit einer umfangreichen Retrospektive gewürdigten) Aussie-Noise-Postpunker feedtime auf „Rest My Bones“ gastiert, ist der Star des Videos zu „Walk Away“ kein Geringerer als David Yow. Also klar: Noiserock, Pigfuck, Big Black, Jesus Lizard und sowieso die transpazifischen Labelkollegen auf Iron Lung wie Slices und Walls, die zu Anfang des Jahres ebenfalls feine Krachscheiben ablegten, sind hilfreiche Stilkoordinaten.

Useless Children speisen die hypnotische Intensität ihres großartigen zweiten Albums „Post Ending // Pre Completion“ aber weniger aus hardcorepunkiger Vorwärtskinetik als einer dynamischen Konzentration auf mörderischen Groove und inwärtsgewandte Gitarrenwalzen. Wenn sich die Akkorde schwergewichtig nach unten ziehen, erinnert das zentrale Riff in „Shuffle“ leicht an Fantomas‘ metallene Version von „Cape Fear“, doch anstatt von Mike Patton ergrollt die Stimme von Drummerin Cinta in monströsen Schwerverständlichkeiten, als wolle sich das Melbourner Trio bei Lynch für den Soundtrack von „Lost Highway 2“ bewerben. Diese Musik auf viszerale Fiesheit ausgelegt, doch in ihrer jaulenden, blubbernden, feedbackübersteurten Intensität nehmen die geschichteten Zerrbilder elektrisch verstärkter Anschläge eine surreale Schönheit an, schwirren wie eine Wahnvorstellung über kontrastierend präzisierten Polterdrums und Rumpelbässen.

Gerade in „Locked Groove“ zeigt sich die Resolutheit des Rhythmusduos: Unerbittlich repetitiv wechseln sich Kick und Snare in gewichtigen Quadrupeln ab, ohne Variation zieht diese Dynamik nach innen, während der Bass oppressiv aufgeblasen die Unterwerfung einfordert. Beweg ja deinen Nacken, sonst wachst du vielleicht nicht mehr aus diesem Fiebertraum auf.

„Post Ending // Pre Completion“ ist auf Iron Lung erschienen und als Import erhältlich.

Dope Body mögen die eingangs referenzierten Herren Yow und Albini explizit zu ihren Einflüssen zählen, doch während sie auf „Beat“ noch gewisse Artverwandtschaft mit Useless Children zeigen, nehmen andere Songs ihres Zweitwerks „Natural History“ für Noiserock regelrecht bizarre Wendungen. „Road Dog“ neigt bereits zum befreiten Enthusiasmus, mit Kuhglocke und eingängigem Refrain, dessen Maxime „Do what you wanna do, see what you wanna see, go where you wanna go“ prompt von der Band realisiert wird: In lässig besonntem Upbeat schunkelt sich das Quartett von ihrer Krimi-Heimat Baltimore Richtung Westküste, in die gebräunten Arme von Sublime.

Tropisch à la Abe Vigoda schwingt die Gitarre in den Strophen von „Twice The Life“, fidel blubber-quäkt sie in „Powder“, bis Dope Body sich im Refrain zum heiserhalsigen Singalong erhymnen. Was rein in Worten beschrieben furchtbar klingt – „Party-Noiserock mit Funk- und Tropen-Einschüben“ – wird von „Natural History“ zur selbstverständlichen Harmonie geführt. Dazu relativ konventionelle Songs sind jedoch nicht minder mitreißend, wie „Weird Mirror“, das von pointierten Vocal-Einwürfen angestachelt auf ein bunt-entspultes Fingertap-Finale zuzusteuern scheint. Bis dann doch noch ein Tritt aufs Breamspedal und ein letzter Sprint folgen, den man synchron zu Sänger Andrew Laumann anfeuern möchte: „One two three four“. Ab morgen übrigens auch auf hiesigen Bühnen zu sehen.

„Natural History“ ist auf Drag City erschienen und hier im Stream zu hören.

Dope Body auf Tour:

09.10.12 in Hamburg (Hafenklang)
15.10.12 in Berlin (West Germany)
16.10.12 in Nürnberg (K4)
17.10.12 in Esslingen (Komma)
29.10.12 in Genf (L’Usine PTR)
30.10.12 in Zürich (Rote Fabrik)

2 Kommentare zu “Useless Children / Dope Body: Lynch und Tropenhits”

  1. KAOS sagt:

    Eine Schande, dass eure erstklassigen Noise-Tipps hier auf so wenig Resonanz treffen!

  2. Pascal Weiß sagt:

    Ein ähnlich starkes (wenn freilich keineswegs vergleichbares) Doppel wie Royal Headache / Merchandise, die Du uns vor einem halben Jahr vorgestellt hast. Vielen Dank!

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