Holy OtherHeld
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Referenzen:
Burial, Forest Swords, oOoOO, Balam Acab, Salem, AlunaGeorge
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Autor: |
Constantin Ruecker |
Im vergangenen Sommer trat Holy Other mit einer EP das erste Mal in Erscheinung. „With U“ kam praktisch aus dem Nichts: fünf Songs über zwanzig Minuten, die es in sich hatten und vielleicht zum Besten gehörten, was man im Jahr 2011 hören konnte, insofern man denn ein kleines Faible für Witch House hatte. Holy Other gab dieser nebulösen Musikrichtung plötzlich eine klare Form; und vielleicht noch wichtiger: eine Perspektive.
Das Label Tri Angle Records veröffentlicht nun endlich das Langspieldebüt dieses jungen Mannes aus Manchester, der bisher weder seine Identität noch sein Gesicht in der Öffentlichkeit preisgegeben hat. Zur Enttäuschung manchen Musikfreundes kann man bereits vorwegnehmen, dass „Held“ kein Album voller Hits geworden ist, das sich einem sofort an den Hals wirft. Das Tempo ist gedrosselt. Die Tage werden wieder kürzer. Es wird Herbst. „Held“ ist ebenfalls von einer trügerischen Beschaffenheit und einer umfassenden Melancholie. Gleichzeitig ist es aber auch ein magisches und unerwartet reifes Album, mit dem Holy Other einem Genre entwächst, das durchaus dazu taugt, einem zur Last zu werden. Dabei leugnet er keinen einzigen Moment seine Herkunft, sondern leuchtet mit einer solchen Geduld und Präzision die hintersten Ecken des Witch House aus, dass man es mit der Angst zu tun bekommt.
Ein langsam ansteigender Spannungsbogen erschwert den Einstieg in das Album zusätzlich. Nur zögerlich findet man sich in der Dunkelheit zurecht, findet kaum Halt in dem undurchdringlichen Dickicht zurückweichender Klangwände und Stimmen. Anfangs erweckt „Held“ daher leicht den Eindruck, es versande und verfehle gar sein Ziel. Wer jedoch etwas Geduld aufbringt, wird letztlich belohnt mit einem Album, das diese Bezeichnung auch verdient, denn „Held“ überzeugt nicht nur durch eine dichte Atmosphäre, sondern auch mit einer vollkommen schlüssigen Dramaturgie. Nach dem verhaltenen Einstieg bietet es in einer Art Wellenbewegung jeweils im Mittelteil und gegen Ende des Albums verdichtete Höhepunkte. Herauszuheben sind dabei insbesondere „Inpouring“ und „In Difference“ mit ihren unvermittelten Tempowechseln, „U Now“ auf bedrohlicher Geigerzählergrundierung oder die abschließenden Highlights „Held“ und „Nothing Here“.
Als Referenz muss natürlich Burial genannt werden, wie auch Forest Swords oder die Labelkollegen Balam Acab und oOoOO. Aber Holy Other kopiert nicht, sondern findet seine eigene Sprache und bedient sich hierfür nicht nur beim Dubstep, sondern auf unnachahmliche Weise auch bei Ambient, House und R´n´B. So finden die unterschiedlichsten Einflüsse auf „Held“ zusammen, als wäre dies schon immer ihre Vorbestimmung gewesen. Innerlich wird das Album zusammengehalten von einer allgegenwärtigen Ambivalenz: Tiefe, dronige Flächen bilden fast durchgängig die Grundlage für die endlosen Myriaden gepitchter Stimmen aus der Unterwelt. Sie werden getragen von einem eisigen Wind, sind dennoch von einer vollkommen durchdringenden Emotionalität – und sagen Holy Other eine große Zukunft voraus.
Label: Tri Angle
Referenzen: Burial, Forest Swords, oOoOO, Balam Acab, Salem, AlunaGeorge, How To Dress Well, Purity Ring, Sleep∞Over
VÖ: 24.08.2012
fantastisches werk, vielen dank für den tip!
Auch wenn ich bei der Bezeichnung Witch House Ausschlag bekomme: Ich mag das, finde es als Album aber nicht durchgehend so stark, wie es vielleicht sein könnte, stellenweise sogar recht langweilig. Vor allem das Wissen um Burial (der Vergleich ist zwar unfair aber leider zu naheliegend) lässt das ganze dann doch etwas weniger spannend erscheinen.
ach, besser geht’s immer. burial macht ja im prinzip komplett andere musik, aber halt aus den gleichen bausteinen wie holy other. daher hinkt der vergleich irgendwie automatisch. ich kann mit dem begriff/konstrukt witch house auch nix anfangen. aber das ganz ignorieren wollt ich auch nicht, zumal tri angle ja sowas wie das mutterschiff des witch house ist ;)
Nachtmusik. Für mich als Gesamtwerk nicht ganz so dicht wie die im Text erwähnte Forest Swords aus 2010, dennoch sind ohne Zweifel einige starke Einzelsongs dabei.
[…] mit einer großen Portion R‘n‘B anreicherten oder Holy Other, der auf seinem Debüt „Held“ R‘n‘B auf dezente Weise mit mysteriös-entschleunigter Elektronik verwob. Einige andere […]
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