Bloc Party

Viele Zweifel gab es in den letzten Jahren um Bloc Party. Nicht bloß ihre kreative Entwicklung, ihre gesamte Existenz schien unter Trennungsgerüchten fragwürdig. Umso bestimmter ist die Geste zur Kontinuität, das sie mit dem Titel ihres vierten Albums setzen: „Four“. Das Signal zur einigen Gefasstheit, das sagt: „Es geht weiter und wir wissen auch genau, wie“.

Ein Signal, das kaum in größerem Kontrast zu einem durchweg verwirrten Werk stehen könnte. Auf „Octopus“, der Vorabsingle, klingen die (geborenen, mittlerweile teils in die USA verstreuten) Briten nicht nur in klaren, schlanken Gitarren mehr nach ihrem Debüt als alles, was sie seither gemacht haben; auch lässt Sänger Kele Okereke mit einem „she don’t think so“ in ähnlichem Tonfall gleich an die grenzidentische Textzeile in „Banquets“ rückentsinnen. Das eröffnende „So He Begins To Lie“ ruft mit patentiertem Gang-Of-Four-Gezappel in Erinnerung, warum vor fast einem Jahrzehnt im UK das Postpunk-Revival ausgerufen wurde.

Wie so viele Songs auf „Four“ geschieht dies jedoch mit einer brachialen Wuchtigkeit, welche eher an Foo Fighters beim „mal so richtig abrocken“ erinnert und dabei gerade die dynamische Tightness der Rhythmussektion aus Matt Tong und Gordon Moakes untergräbt, welche immer die größte Stärke der Band war. Selbst die dicksten Gitarren machen ein schwaches Riff nicht mitreißend, so dass frühe Incubus gegenüber dem laffen, angegrungten „Kettling“ spitzenmäßig dastehen. „Coliseum“ wirkt zunächst, als würde es den Fleddergeist von Becks „Loser“ atmen wollen, mutiert dann jedoch bizarrerweise in eine Powerman 5000-Nummer.

Ein deutlicher Faden zieht sich durch das Album: Bloc Party wollen weg von den elektronischen Elementen, die ohnehin ihr Potential schon in der zwischen Album zwei und drei veröffentlichten Dancerock-Single „Flux“ ausgereizt hatten. Doch im Widerspruch zu solch einer schlüssigen Vision stehen neben der konfusen Fluktuation der Musik die (anders als beispielsweise essentiell wie bei Pixies‘ „Surfer Rosa“) eingestreuten Studio-Dialoge. Sie verstärken in ihrer Unfokussiertheit noch den gelegentlichen Eindruck, dass der ohnehin oft unter der Musik verschwindend abgemischte Okereke nur für einen Tag vorbeischaute, um mit schwankender Begeisterung mal eben über die Musik drüber zu singen – wie ein fester Bestandteil der Band wirkt er in „Team A“ nicht. Dafür ist „Truth“ ein beherzter Befreiungsschlag, auf dem Okerekes Stimme den Freiraum bekommt, um auch zu mäßig inspirierter Musik zu glänzen.

„Four“ ist letztlich ein verworrener, halbherziger Schritt in mehrere Richtungen, wirkt zugleich überhastet und überkompliziert: Ein Anprobieren alter und noch nicht fertiger Kleider im Wechsel mit neuen, die schlecht sitzen und noch auf die Körpermaße der Band zurechtgeschneidert werden müssen.

48

Label: Cooperative

Referenzen: Blood Red Shoes, Gang Of Four, Foo Fighters, Deftones, Powerman 5000

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VÖ: 24.08.2012

4 Kommentare zu “Bloc Party – Four”

  1. Ganz komisches Album. Ich konnte mir das echt nicht bis zum Ende anhören.

  2. Tom sagt:

    Schöne Kritik, macht zum Einen Lust, das Album anzuhören und fordert zugleich eigenes Nachdenken. Nachdem ja sogar mein Blogname damals von dieser Band inspiriert wurde, werde ich dem Album Zeit widmen und hoffe insgeheim auf eine Veränderung in die richtige Richtung, nachdem das dritte Album in meinen Ohren unterirdisch war.

  3. koe sagt:

    @Bastian
    Witzig. Hatte gerade absolut den gleichen Gedanken. Der Gitarrensound ist irgendwie unertraeglich, inklusive Riffs, von einigen Ausnahmen mal abgesehen.

  4. Fred Mosby sagt:

    Ein großartiges Album – diese halbherzige Bewertung versteh ich persönlich leider gar nicht. Für mich ihr bestes Album seit „Silent Alarm“.

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