Das erste Album von Redd Kross seit 15 Jahren hätte auch eine völlige Schlafnummer werden können, schon allein die anekdotengespickten Interviews mit den Gebrüdern McDonald wären es wert gewesen.

Der Titel und das gleichnamige Eröffnungsstück „Researching The Blues“ geben auch Anhalt zur Sorge: Wird das jetzt der ergraut-grungige Selbstfindungstrip jener Band, die in den 90ern doch gerade solch unverfroren quietschbunte Videos auf die Mattscheibe brachte, dass sie heute von Parodien nicht mehr unterscheidbar sind? Aber mitnichten. In Form von „Stay Away From Downtown“ folgen lustvolle Slides und beseeltes Tappen, goldige Gesangsharmonien die im „Sha-la-la“ münden, aufgespielt mit maximaler Verve – kurz: Powerpop vom Catchig-Feinsten. Introvertierte müssen draußen bleiben, bei Redd Kross werden die Gitarren nicht verhalten gejangelt, sie quietschen jubilierend auf.

Das lässt sie selbst neben gleich(mittel)altriger Indierock-Royalty auf ihrem US-Label Merge etwas abseitig wirken, doch dass Redd Kross schon immer zwischen den Lagern standen, zeigt bereits ein Blick ins jüngere Schaffen der Bandköpfe Jeff und Steven McDonald. Während beide ein Popalbum mit (angeblich) der 7-jährigen Tochter des einen am Schlagzeug einspielten, gibt der andere den Bassisten beim Hardcore-Quartett OFF! Doch so schön sich auch ein Artikel über die bunte Bandgeschichte und ihre Punk-Connections schrieben ließe, ist ein Wissen darum für „Researching The Blues“ kaum von Bedeutung.

Hört man Redd Kross‘ letztjahrhundertigen Kreuzungen von metallisch-punkiger Heaviness mit 70er-Powerpop heute ihre Entstehungsperioden an (von den Videos ganz zu schweigen), lässt sich ihr neues Album kaum datieren. Das mag auch daran liegen, dass sich die gelegentliche Arbeit daran über ein halbes Jahrzehnt erstreckte, am Ende dessen Redd Kross weder zeitgemäß dezent noch retrotastisch altbacken klingen. In Songs wie „Choose To Play“ und „Meet Frankenstein“ scheint eine spielerische Geschlossenheit durch, ein gekonntes Arrangieren und Dirigieren von Riffs und Licks und Fills und Rolls und Soli, die öfter in belebter Eingängigkeit resultierten als nicht. Nur selten Leerlauf, wenig was aus den Schuhen fegt, viel zum oralen oder gedanklichen Mitsummen und angetanen Kopfnicken: „Schmissig“ hätte man vielleicht vor anderthalb Jahrzehnten dazu gesagt.

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Label: Sweet Nothing

Referenzen: Cheap Trick, Urge Overkill, Teenage Fanclub, Sloan, Green Day

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VÖ: 10.08.2012

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