Purity RingShrines

Ein Jahr ist seit der ersten Singleauskopplung von Purity Rings Debütalbum inzwischen vergangen. Aber wer „Belispeak“ damals gehört hatte, wird sehnsüchtig auf mehr gewartet haben, denn allein dieses eine Lied klang wie das geheimnisvolle Versprechen aus einer schillernden Zukunft. Problemlos war es diesem jungen Duo aus Montreal gelungen, dem Witch House die Erde aus den verfilzten Haaren zu schütteln. „Shrines“ ist vielleicht kein epochales, aber dennoch ein packendes Album geworden, dem man sich tatsächlich nur schwer entziehen kann.

Dabei ist „Shrines“ von einer geradezu simplen Beschaffenheit – alle zehn Songs sind zwischen zwei und viereinhalb Minuten lang; zunächst erscheint es daher wie ein kompaktes und geradezu triviales Popalbum. Dieser äußeren, durchaus verwechselbaren Form steht jedoch ein sehr wohl unverwechselbarer Inhalt gegenüber, was insbesondere der Stimme von Megan James und der vertrackten musikalischen Grundierung zu verdanken ist. Purity Ring kombinieren die Düsternis Burials und die Intimität von The xx mit einer bekömmlichen Abstraktion, wie sie unter anderem James Blake im vergangenen Jahr kultivierte. Allerdings bedienen sie sich in erster Linie der ästhetischen Ideale des Witch House, kitzeln dessen eingängigstes Inneres hervor, was sie von Leidensgenossen wie oOoOO unterschiedet.

Zweifellos ist „Shrines“ ein homogenes und unverwechselbares, mitunter jedoch etwas zu gefälliges Hörvergnügen. Seine Stimmung ist einzigartig, seine Texte sind überdurchschnittlich. Das Songwriting ist es allerdings nicht. Und all jenen, die derzeit auf der Suche nach der nächsten musikalischen Herausforderung sind, sei daher gesagt, dass man auch nach dem fünften Hören bereits die Lust an diesem Album verlieren kann. Es besitzt keinen doppelten Boden und keine verwinkelten Nischen, die es langsam zu entdecken gilt. Vom ersten Moment an präsentiert es sich in all seiner Schönheit, aber auch mit all seinen Makeln und wiederkehrenden Mustern. Ein wenig Mut hätte manchem Song auf „Shrines“ daher gut getan. In Anbetracht anderer Stücke, die vom unbestreitbaren Potential dieser Band zeugen, erscheint dies allerdings geradezu wie ein Luxusproblem.

76

Label: 4AD/Beggars Group

Referenzen: oOoOO, The xx, James Blake, Grimes, High Places

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VÖ: 20.07.2012

7 Kommentare zu “Purity Ring – Shrines”

  1. boo sagt:

    Mal ehrlich: Purity Ring besser bewertet als die Grimes? Das verwundert dann schon, sind doch die besseren Songs und Sounds bei der Grimes und funktioniert die auch als Album selbst besser.

  2. Die Wertung ist bei uns bis bis auf einige Extremfälle ganz allein Sache des Autors. Solche Vergleiche bringen also nicht viel.

  3. Pascal Weiß sagt:

    Klar, Basti, aber ich kann boos Kommentar gut nachvollziehen. Auch muss man dazu sagen, dass die Grimes intern in einigen Fällen (mich inbegriffen) heute auf noch mehr Gegenliebe stößt als zur Zeit der Veröffentlichung. Hätte ich im März solide 70 gegeben, wären es inzwischen sicherlich 85%.

    Und der Purity Ring gebe ich heute solide 70;)

  4. Eh, find immer noch Grimes funktioniert in Einzelstücken besser denn als Album, mit diesem Hänger in der Mitte. Purity Ring ist da konsistenter und von einem Song zum nächsten stimmig, allerdings auch schnell eintönig wenn man nicht völlig auf die Atmosphäre & Ästhetik abfährt. Beides für mich keine Überdinger.

  5. was ist denn hier los :) klar hätte es eine 70 auch getan. aber die 76 verspricht auch kein überalbum. es ist halt ein gutes, überdurchnittliches (!) album und vor allem ist es unglaublich zeitgemäß. nächstes jahr bekommt so ein ding von mir maximal eine 60. aber heute ist es wichtig dass es das hier gibt. außerdem schreiben wir hier nicht umsonst zu jeder cd einen halben roman. und da werden die alben meistens differenzierter beleuchtet als diese eine zahl es ausdrückt.

  6. […] 23-jährigen Kanadiers bildet deutlich ab, welche Qualitäten ihn, der als Support bei Grimes und Purity Ring bereits das Publikum für sich einnehmen konnte, auszeichnen: Genie und Wahnsinn, vorbildlich […]

  7. […] dieser modernen, angenehm eigenen Electropop-Projekte aus Kanada. Anders als bei Doldrums oder Purity Ring muten die Beats des Duos im Schliff europäisch-minimal an, ätherische Vocal-Konstrukte wie diese […]

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