DIIVOshin
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Referenzen:
Real Estate, Death Cab For Cutie, Wild Nothing, New Order, Deerhunter
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Autor: |
Sebastian Schreck |
Wer Oshin sagt, spricht von japanischen Vormittagsseifenopern aus den 80ern oder von längst verblichenen armenischen Königen, aber auch: Von einer Band, die bis vor gar nicht so langer Zeit noch „Dive“ hieß, ehe der Name der Übersichtlichkeit wegen (da eine belgische Band aus den 90ern bereits diesen Namen trug) abgeändert wurde, deren Angelpunkt namens Zachary Cole Smith bis dato als Tourmusiker bei den Labelkollegen Beach Fossils unterwegs war und der mit drei Mitstreitern als DIIV nun seiner eigenen Kreativität nachgeht.
Diese spiegelt klaren Gitarrenpop mit Schlagseite Traum wider oder, um die metaphorische Jahreszeitenschiene zu bedienen: Wer im Herbst ins Laub geht, im Winter im Schnee versinkt, im Frühling auf Blumen tanzt, kann im Sommer auch gen Sonne abheben und leichten Schrittes auf Wolken der Sorglosigkeit flanieren. So in etwa jedenfalls.
Dabei sind die Gitarren so klar und sanft, der Gesang so melancholisch, die Songs so übersichtlich und zielgerichtet wie die der frühen Death Cab For Cutie oder von Real Estate. Ein bisschen Hall muss man sich gerade bei der Stimme Cole Smiths noch dazu denken, ein bisschen mehr Positivität und Elan als bei erstgenanntem Vergleich, ein bisschen mehr Geradlinigkeit als bei letzterem. Wie geradeaus kann ein Riff gehen, ohne zu schwindeln? Wenn es sich selbst zart umarmt und um die eigene Achse dreht, wieder und wieder bis es schwindelt: „How Long Have You Known?“ Das bedeutet aber auch: Stillstand. So viel Luft, dass keine Bewegung mehr möglich ist. Das gibt den starken Stücken eine eigene Handschrift, schwenkt bei den schwächeren in Eintönigkeit um. In die erste Kategorie fallen Songs wie das dunkel treibende „Doused“, dessen Gitarrensolo folgerichtig und zwingend ist und das synthiesüße „Wait“, dessen Krachpegel zielgenau anschwelt. In die zweite Gruppe fallen Songs wie das meditative „Air Conditioning“, dessen Gitarrensolo leider wenig folgerichtig und zwingend ist, sondern ausufernd genug, um die Stimmung zu durchkreuzen und die 80er-Wave-Pop-Nummern „Follow“ und „Sometime“, die der Erinnerung nur leere Luft hinzufügen können, ganz ohne Krachpegel.
Derweil ist Luft ja keineswegs verkehrt und wer einmal ohne auskommen musste, der weiß um ihre Bedeutung. Zwei instrumentale Indie-Power-Pop-Skizzen namens „(Druun)“ I und II lassen einen schön durchatmen. Erdrücken können diese kleinen, klaren Songs keinen, auch wenn sie sich in Hall und Synthies ganz schön ausdehnen und ihre Gitarren sich schwindelig drehen. Aber das hatten wir schon. Ist uns die Substanz etwa wie ein kleiner, zwitschernder Vogel aus dem Fenster entschlüpft? Nein, wir brauchen sie nicht, wir verzichten und freuen uns lieber an einem warmen Sound, ein paar guten Songs mit geraden Pop-Momenten und ein paar harmlos dahinplätschernden Songs, wie ein Gebirgsbach im Frühling. Aber tanzten wir da nicht auf Blumen? Man merke: Wo das Drumherum nicht sonderlich viel hergibt, wird auf Wettermetaphorik zurückgegriffen. Alter Rezensenten-Trick. Soll in diesem Fall aber nur heißen: Ja klar, ist ja ganz gut. Oder: OK, geht schon. Zustimmung mit Schulterzucken. Und weiter.
Label: Captured Tracks
Referenzen: Real Estate, Death Cab For Cutie, Wild Nothing, New Order, Deerhunter
VÖ: 29.06.2012