Sie haben es doch nicht verlernt. Nachdem das Comeback-Album vor einem halben Jahr eher den Eindruck einer B-Seiten-Sammlung machte, liefern Guided By Voices nun das dazugehörige echte Album ab. Vielleicht lag es ja nur an der Jahreszeit, vielleicht auch daran, dass es sich mehr wie eine Sammlung von Solostücken von Robert Pollard und Tobin Sprout anhörte, doch so richtig warm werden konnte mit dem lang ersehnten „Let’s Go Eat The Factory“ kaum jemand.

Für „Class Clown Spots A UFO“ gelten da fast exakt die umgekehrten Voraussetzungen. Als zweites Album innerhalb eines halben Jahres kommt es eher unverhofft daher, der hohe Erwartungsdruck hat sich vorerst gelegt und die Jahreszeit passt auch besser zum lässigen DIY-Ansatz, den Guided By Voices seit ihrer Gründung pflegen.

Dabei knüpft „Class Clown Spots A UFO“ äußerlich durchaus an den direkten Vorgänger an. Die Idee, sich an einer Struktur mit vielen knappen Songs oder teilweise nur angedeuteten Skizzen – ähnlich wie in der erfolgreichsten Phase der Band Mitte der 1990er Jahre – entlang zu hangeln, reizen Guided By Voices auch hier vollends aus. Der große Sprung nach vorne hingegen besteht darin, dass „Class Clown Spots A UFO“ es als erstes Werk seit 15 Jahren schafft, die Stimmung der beiden großen Alben „Bee Thousand“ und „Alien Lanes“ einzufangen.

Pollards und Sprouts Songs, die in jedem Augenblick als Gesamtwerk der Band und nicht als verlorene Solonummern wahrnehmbar sind, ergänzen sich wie in alten Zeiten prächtig. Ganz so, als wollten Guided By Voices dies dem Hörer schon zu Beginn auf die Nase binden, steht das erste Beispiel gleich am Anfang des Albums. Sprouts „Forever Until It Breaks“ legt sich wie ein Mantel über den schwerfällig stampfenden Opener und den ausschweifenden Titeltrack, der nicht nur der längste, sondern auch der beste des Albums ist: Vordergründig ein Song, wie man ihn von der Band schon oft gehört hat, ist er bei genauerer Betrachtung ein perfekter Kompromiss zwischen Power Pop- und Lo-Fi-Ansatz und zeigt nebenbei, dass Guided By Voices nicht nur alte Ideen wiederbeleben wollen.

Die zweite Hälfte des Albums steht der ersten in fast nichts nach. Auch hier finden Pollards und Sprouts Ideen zueinander, auch hier gibt es Momente klarer Schönheit. Im countryhaften und viel zu kurzen „Starfire“ deutet letzterer einmal mehr seine Fähigkeit an, einfache Popsongs mit großer Wirkung zu schreiben, bevor Pollard mit dem folgenden „Jon The Croc“ den Hörer brachial in die Realität zurückholt. Der rastlose Closer „No Transmission“ zeigt, dass Guided By Voices noch nicht am Ende ihres Weges angelangt sind. Schon in wenigen Monaten geht es mit einem neuen Album weiter.

76

Label: Fire

Referenzen: Sebadoh, Pavement, Superchunk, Hüsker Dü, Built To Spill, Captain Beefhart

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VÖ: 15.06.2012

5 Kommentare zu “Guided By Voices – Class Clown Spots A UFO”

  1. Pascal Weiß sagt:

    Felix, das würde ich alles direkt unterschreiben so. Wirklich um Längen besser als der Vorgänger, das werden einige gar nicht mehr auf dem Zettel haben.

  2. Jepp, lange her, dass aus dem Lager zuletzt so eine konsistent gute Platte kam. Übers „Reunion“-Album wurde damals recht breit berichtet, dabei ist das hier wirklich die Guided By Voices, die Aufmerksamkeit verdient.

  3. Bisschen schade, dass Pollard so gefühlt 10 Alben pro Jahr veröffentlicht. So gehen selbst die guten Sachen in dem Wust aus Mittelmäßigkeit unter. Werde mir die zumindest mal demnächst anhören, vor 10 Jahren eine meiner Lieblingsbands…

  4. Hätte ich auch niemals mehr mit gerechnet und nur eher zufällig reingehört. Schließt aber an die gute Phase vor der Auflösung („Universal Truth And Cycles“, „Earthquake Glue“) an.

  5. […] war es zum Release von „Class Clown Spots A UFO“ und „The Bears For Lunch“ ungewöhnlich still. Dabei hatte vor allem Letzteres mit Songs wie […]

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