Peaking LightsLucifer

Peaking Lights scheinen ihren Platz gefunden zu haben – zwischen den Stühlen der modernen Popmusik. Auch ihr neues Album „Lucifer“ zeigt sich unbeeindruckt von aktuellen Trends und liefert unzeitgemäßen, psychedelischen Dubpop.

Auf den ersten Blick ist der Aufbau von „Lucifer“ denkbar einfach. Eingerahmt von zwei kurzen Instrumentals finden sich sechs Songs auf dem Album, die allesamt die 6-Minuten-Marke überschreiten. Entsprechend ausufernd und hypnotisch kommt es als Gesamtwerk daher. Bemerkenswerterweise treten Indra Dunis und Aaron Coyes dabei den Beweis an, dass diese psychedelisch-meditative Komponente eine beachtliche Eingängigkeit der Musik nicht von vornherein ausschließen muss.

Bereits das Vorgängeralbum des Ehepaars lebte von seinen zahlreichen verschleppten Hits. Der Vorzeigesong hieß damals „All The Sun That Shines“. Und auch wenn es nicht der beste Song des Albums war, so verschaffte er der Band Aufmerksamkeit und katapultierte „936“ durchs Hintertürchen auf fast alle wichtigen Bestenlisten des vergangenen Jahres – so auch in unsere Geheime Beute. Das Erfolgsgeheimnis dieses Stückes haben Peaking Lights nun kopiert. Sechs mal. Und plötzlich spielen alle Songs in einer Liga, sind zu gleichen Teilen eingängig und verspult, kompakt und ausschweifend.

Der angetäuschte Abwechslungsreichtum des Vorgängers wurde dabei zugunsten einer enormen Homogenität und Konsequenz in Sachen Sounddesign über Bord geworfen. Selbst der gelangweilte, ätherische Gesang von Indra Dunis scheint ein wenig an Klarheit zugelegt zu haben und ist wenigstens theoretisch für einen Geheimtipp viel zu schade. Stellenweise wirken Peaking Lights dadurch ähnlich abwesend wie auch Beach House, die bisher das Patent auf derart hochwertigen und lethargisch-verträumten Indiepop hatten.

Einige Songs von Peaking Lights entwickeln allerdings einen enormen Druck, wie beispielsweise „Live Love“ oder „Midnight (In The Valley Of Shadows)“, deren dichten Kompositionen aus Synthesizern und Drum Machines man sich kaum entziehen kann. „LO HI“ gibt schließlich dem gemeinsamen Sohn Mikko seine erste kleine Bühne, als er gegen Ende mit seinen 13 Monaten (und entsprechend beschränkten Möglichkeiten) um die Aufmerksamkeit der Eltern quengeln darf. Die meiste Zeit atmet „Lucifer“ aber die verqualmte Luft längst vergangener Zeiten und erweist dem Reggae und dem Krautrock ebenso seine Ehre wie dem Afro Beat oder Dub der 1970er Jahre.

Die große Kunst des Duos liegt dabei in der perfekten Balance zwischen frei improvisierten Parts und dem durchkomponierten Pop mit hohem Wiedererkennungswert. Darüber hinaus, insbesondere in Anbetracht all der Versatzstücke aus 50 Jahren Musikgeschichte, ist „Lucifer“ ein enorm dichtes Hörvergnügen, das sich nicht nur seiner Herkunft vollkommen bewusst ist, sondern gleichzeitig in der Lage ist, das Entwicklungspotential von Popmusik im Jahre 2012 aufzuzeigen. Letztlich ist „Lucifer“ ein Album wie aus einem Guss und ohne Abnutzungserscheinungen. Ein Schwergewicht für die schwülen Tage dieses jungen Sommers.

82

Label: Weird World / Domino

Referenzen: Sun Araw, Laurel Halo, Beach House, Dylan Ettinger, Pocahaunted

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VÖ: 15.06.2012

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