Rufus WainwrightOut Of The Game
Achtung Pop! Nahezu keine Betrachtung des aktuellen Rufus-Wainwright-Albums kommt ohne die in einigen Fällen gar mit latent hochgezogener Augenbraue vorgetragene Charakterisierung aus. Warum eigentlich?
Nun, beherrscht Wainwright nicht eher den Spagat aus raumgreifender Elegie und alles in den Boden stampfender, dramatischer Opulenz? Nähert man sich „Out Of The Game“ allerdings direkt von Anfang an, schürt der Titelsong nicht nur wenige Ängste. Das intime Kopfmusical des letzten Albums noch im Hinterkopf, bricht „Out Of The Game“ mit geradezu pointierter Eingängigkeit die gewohnten Hörerwartungen. Gott sei Dank gibt es seine alles überragende Stimme, die dem „netten“ Popsong den rechten Weg weist, doch irgendwie fehlt da was. Weiter im Text. „Jericho“ geht nach dem unerwarteten Aufgalopp schon ganz andere Wege und bleibt näher am Künstler dran. Larmoyanz mischt sich mit waidwundem Wohlklang, fast schon ein wenig zu pompös für schnöde Popmusik und doch lässt sich Wainwright nicht in den gewohnten Sphären nieder.
Sollte ihm Mark Ronson, der hier zum ersten Mal als Produzent fungiert, schlussendlich doch den heißgeliebten Hang zum pathetischen und doch so eleganten Liedgut geraubt haben? Bange machen gilt nicht, und so löst das folgende „Rashida“ glücklicherweise ein Ticket in die richtigere Richtung. Nicht, dass den Stücken bis dahin nichts abzugewinnen wäre, wenn sich jedoch ein Wainwright-Album ankündigt, will man eben auch das komplette Paket, dessen Erfüllung sich mit „Barbara“ zumindest in Teilen abzeichnet. Chor und Orgelblubbern, dazu ein fast schon nostalgisches 70er-Jahre-Kleidchen: Es scheint, als brauche „Out Of The Game“ eine gewisse Anlaufphase. Und da ist es passiert: Beim wundervollen „Welcome To The Ball“ kräuseln sich zu barocken Trompetenklängen und einer fast schon unverschämt verschmitzten Begleitung zum ersten Mal wohlig die Nackenhaare. Sunshine-Pop(!), so strahlend wie die Ballkönigin selbst.
Doch Wainwright kann noch viel mehr und beweist beim folgenden „Montauk“, dass sich auch zu fließenden Pianoklängen stimmungsvolle Verse über seine Heimat schmieden lassen. Endlich kippt auch hier die Stimme fast vollends um, die sich mit Leichtigkeit an die verhaltene, leise dramatisierende Begleitung anschmiegt. Und im folgenden „Bitter Tears“ schielen die artpop(!)penden Sparks mit solcher Selbstverständlichkeit vorbei, dass es, trotz aus dem Rahmen fallenden, billigen Drumcomputer- und Keyboard-Sounds, wie ein kleines Pop(!)-Irrlicht heiter hin und her züngelt. Nicht zu vergessen das auch auf das letzte Patrick-Wolf-Album passende „Perfect Man“, das wie ein zweiter Teil von „Bermondsey Street“ klingt und ähnlich wie bei Wolf in eine sommerliche Pop(!)-Melodie mündet.
Dann ist „Out Of The Game“ wohl doch Wainwrights Pop(!)-Album geworden, auch wenn es mit dem tieftraurigen „Respectable Dive“ und dem mit Dudelsackklängen schließenden „Candles“ heftig in Schieflage gerät. Nicht dramatisch, aber eben kein reines Drama mehr, was uns der Kanadier da vermitteln möchte.
Label: Decca
Referenzen: Sparks, Patrick Wolf, Barry Ryan, Billy Joel, Ed Harcourt
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VÖ: 20.04.2012