Black Dice bleiben unbequem. Was auch sonst ist zu erwarten von einer Band, die ihre privilegierte Stellung im Mainstream der Minderheiten nicht zuletzt der rigorosen Neigung verdankt, mit den normativen Strukturen des Popsongs zu brechen. Eine Einschätzung über die künstlerische Sprengkraft dieser Musik ist daher stark davon abhängig, an welchem Ende des Diskurses der jeweilige Hörer steht. Das mag ein Allgemeinplatz sein, ist für die Verortung einer Band wie Black Dice aber durchaus von Bedeutung, da Regelverstöße dieser Art nur dann auffällig werden, wenn sie innerhalb der Institutionen der Popwelt auftreten. Während die einen von Prätention und verwässerter, musikalischer Substanz sprechen, loben die anderen das dialektische Spiel zwischen Pop und Avantgarde. Vielleicht sind Überlegungen dieser Art auch einfach unnötig. Black Dice waren immer mehr MTV als Donaueschingen (oder einfach nichts von beidem) und „ Mr. Impossible“ klingt, als sei das Eric Copeland und seinen Mitstreitern sowieso herzlich egal.

Stagnation kann man dem Kollektiv jedenfalls nicht vorwerfen. Von ihren Anfängen als hardcore-infiziertes Noiseprojekt über die ambient-perkussiven Krachmalerei ihrer ersten beiden Alben bis hin zu den nicht weniger sperrigen, aber dem Songformat bisweilen durchaus zugetanen Skizzen der drei folgenden Platten blieb ihre Unberechenbarkeit (un-)angenehm berechenbar. Auch ein spröder Minimalismus aus Oldschool-HipHop, Dub, experimentellem Synthiepop der 1980er und verqueren Soundkollagierungen – der The Residents-Vergleich ist ausgelutscht, aber immer noch treffend – war in dieser Form von ihnen noch nicht zu hören. Wer jedoch Sampler wie „New York Noise: Dance Music From The New York Underground 1978-1982“ kennt, bekommt vielleicht eine ungefähre Idee davon, auf welchem Nährboden „Mr. Impossible“ gewachsen sein könnte.

Dabei sorgt besonders die mit Hilfe antiquierter Drumcomputer und passenden Synthies (auf jeden Fall klingt es danach) erzeugte Klangästhetik für genannte Assoziationen. Insgesamt präsentieren Black Dice eine ungewohnt beat-fixierte Dekonstruktion von Tanzmusik, innerhalb derer sie ihre bereits bekannte Vorliebe für Sample-Fragmentierungen und nervenzehrende Klangmanipulationen voll ausleben können. Auch wenn eine deutlichere Strukturierung und die klarere Rollenverteilung der Instrumente den Zugang ein wenig erleichtert, übernehmen die immer wieder ablaufenden Loopschleifen und Synthiemotive die in der Vergangenheit oftmals durch atonale Noiseausbrüche ausgefüllte Rolle des Störfaktors. Wobei die bis zur schmerzenden Penetranz getriebene Redundanz mancher Passagen, die nicht selten nach einer Symbiose aus Epilepsieanfall und Akai MPC klingen, „Mr. Impossible“ mit der an dieser Stelle zu Recht gelobten Traxman vergleichbar macht.

So widersetzt sich der Lo-Fi-Beat aus „Pinball Wizzard“ klar dem 4/4-Dogma des unbeschwerten Mitnickens und richtet die Aufmerksamkeit stattdessen auf repetitive Bass-Synthiemotive, dadaistische Vocals und edierte Gitarrensamples. „Rodriguez“ und „The Jacker“ arbeiten mit ähnlichen Stilmitteln und paaren verhedderte Loops mit unverständlichen Sprachfetzen und obskuren Klangschnippseln, deren Ursprung nicht immer eindeutig ist. Während ersteres Stück trotz wenig Hall einen gewissen Dub-Flair verbreitet, lässt sich der Endteil des letzteren vielleicht als Industrial-Funk bezeichnen. Auch die Vocoder-Sounds und der hinkende Flow in „Outer Body Drifter“ funktionieren wie eine Karikatur polierten Electro-Funks (man denke an Squarepushers „Megazine“ oder ähnliches). Das achtminütige „Carnitas“, in dem sich phasenweise gar so etwas wie krautiger Groove entwickelt, klingt ein wenig wie die verspult-dubbige Version eines Disco-Instrumentals aus der Feder Arthur Russells. Sollte „Spy Vs. Spy“ eine Anspielung an John Zorn beinhalten, ist sie musikalisch gut versteckt. Der auf einem Schluckauf-Sample aufgebaute Track bildet die deutlichste Auslenkung in Richtung HipHop und wirkt in seiner Regelmäßigkeit vergleichsweise gefällig.

Allerdings können vereinzelte Höhepunkte schwerlich darüber hinweg täuschen, dass „Mr. Impossible“ streckenweise etwas ermüdend wirkt. Dabei mag man die Konsequenz, mit der die Band agiert, durchaus für lobenswert halten. Trotzdem gerät ihr die konzeptuelle Limitierung nicht zum Vorteil. Auch wenn sich Black Dice weiterhin so mancher Konvention auf ästhetisch gelungene Art verweigern, haben sie doch einiges an aufrührerischem Potential eingebüßt.

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Label: Ribbon/Domino Records

Referenzen: The Residents, Zach Hill, Animal Collective, Wolf Eyes, HEALTH, Yellow Swans

Links: Homepage | Label |Facebook

: 13.04.2012

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