Ich liebe dich, es ist cool. Ja, klar. Für so eine Coolness ist eine Mindestprise an Liebe nicht von Nachteil. Und in seiner beschwichtigenden Funktion lässt es sich auch ziemlich locker und elegant dahinsagen: Hey, ich lieb dich doch, alles cool!

Dabei bewegen sich Bear In Heaven in den stilfixierten Kreisen des Indie-Pop, dem ein ausgeprägtes Bewusstsein für Erscheinung und Oberfläche, Coolness und Hipstertum eigen ist. Da bekunden die Liebenden (die Fans also) ihre Liebe eben nicht plump kreischend oder stumpf alle Fanartikel kaufend, sondern gewählter, vertrackter, bemühter. Wirkung und Eindruck. Das Spiel mit Trends und Bands, die keiner kennt. Noch nicht. In diesem Sandkasten der Connaisseurs steht der Name Bear In Heaven schon seit geraumer Zeit klar und deutlich in den Sand gepinkelt, spätestens seit ihrem zweiten Album „Beast Rest Forth Mouth“, erschienen 2010, auf dem stimmiger Synthie-Indie-Pop mit immensem Hitpotential zu finden ist. Siehe nur „Lovesick Teenagers“.

Eine Konstellation, die zum Einen ein Anwachsen der Bekanntheit der New Yorker Band nahe legt und zum Anderen, damit verbunden, eine weitere Aufmerksamkeitsspanne der Hörer, auf die „I Love You, It’s Cool“ zielt. Dazu noch ein gelungener PR-Coup, als die Band ihr Album auf ihrer Internetseite einige Wochen vor der US-Veröffentlichung streamte, aber nur so, dass es genau einmal abgespielt wurde. 44 Minuten Musik, auf über 2700 Stunden ausgedehnt. Könnte und müsste diese Platte nicht die große Platte werden, das (zumindest erste) Opus magnum der Band, die Ankunft im Mainstream? Nun, groß ist die Platte auf jeden Fall. Und weit. Und tonnenschwer. Synthiewälle werden allerorten aufgeschichtet und Sänger Jon Philpot singt im Tal aus stockender Leidenschaft mit viel Nachhall unbestimmt verzagende Fetzen. Da brauchen die ersten Hörduchläufe schon ein bisschen, um sich im Synthiedschungel zurechtzufinden. Wo sind die Songs noch mal? (Und die Hits, was ist mit denen?)

Nun, unter dem ganzen 80er-Sound stecken skizzenhafte Songs, die mehr von Momenten und Passagen leben als dass sie als Gesamtkunstwerk oder gar als Popsong funktionieren. Zumindest nicht primär. Aber Hooklines sind zum Glück auch irgendwo versteckt, beschleunigende Synthies, die den Refrain nach und nach erden und überfluten („World Of Freakout“), warme Synthiewellen (nun ja, heißt ja auch „Warm Water“, wer denkt sich eigentlich diese plumpen Beschreibungen der Songs aus?), waberndes Kreisen um sich selbst („Sinful Nature“), alles niedermähende Synthie-Flauschwolken („Idle Heart“). Die Stimme von Jon Philpot wird allerdings heruntergepitcht, wenn sie zum Tanzen auffordert (siehe „The Reflection Of You“).

Am ehesten noch einem Pophit gleich kommt „Cool Light“, spätestens wenn Gitarre und Schlagzeug sich nach über einer Minute finden, um in ein cooles Synthie-Motiv und stetes, vielfältiges Geplucker zu münden. Es ist nicht etwa Zeugnis mangelnden Stilgefühls, dass in dieser Passage des Textes das Wort „Synthie“ ca. tausendmal fällt, sondern ein Beweis der Synthie-Lastigkeit und -Last, die dieser Keyboard-Hall-Klang auf dem dritten Bear-In-Heaven-Album hat. Das Schlagzeug ist außerdem sehr gut, krautrockig elektronisch und geschickt im Umgang mit Hi-Hat- und Becken-Effekten. Gitarren gibts manchmal auch. Aber vor allen Dingen: Synthies.

„I Love You, It’s Cool“ ist ein großes Album: Ein cleveres Album voller großer Gesten, konzipiert als großer Wurf, der Großes erreichen will. Die Band kommt ihrem eigenen Ideal ziemlich nahe und ihr Bekenntnis zu Synthies ist voller Inbrunst, steht ihnen aber manchmal selbst im Weg, wenn die Songs verschwinden und am Ende nur Effekte stehen, wo Emotionen vonnöten wäre. Doch nur Coolness statt Liebe und kein umarmendes Und? Immerhin ist eine kalte Umarmung immer noch besser als gar keine. „I Love You, It’s Cool“ versammelt viele Synthies, die viel umarmen wollen.

76

Label: Dead Oceans

Referenzen: Twin Shadow, Yeasayer, The Human League, Pet Shop Boys, Atlas Sound

Links: Homepage | Facebook | Soundcloud

VÖ: 30.03.2012

Ein Kommentar zu “Bear In Heaven – I Love You, It’s Cool”

  1. […] die das Synthpop-Trio aus Brooklyn prompt zum Titel seines hervorragenden neuen Albums erhob, auf dem einmal mehr die Hörerschaft umarmende Emotionen Programm sind. Davon darf man sich […]

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