Sleigh BellsReign Of Terror
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Referenzen:
Marnie Stern, Justice, The Go! Team, Wavves, Times New Viking
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Autor: |
Bastian Heider |
Dass Sleigh Bells nicht viel auf Subtilitäten geben, verdeutlicht schon ein Blick aufs Albumcover. Das Bild der blutigen Tanzschuhe mag zwar auf die „Wasted Youth“ von heute durchaus einen gewissen Reiz ausüben, wirkt aber in diesem Kontext leider ziemlich abgedroschen, zumal das Emblem des Schuhherstellers hier durchaus etwas zu sehr ins rechte Licht gerückt wurde.
Nun gut, auf ihrem Debütalbum „Treats“ servierten uns Alexis Krauss und Derek Miller ein süffiges und gefährlich kalorienhaltiges, sowie hochprozentiges Gebräu aus hoffnungslos übersteuertem Gitarrengeschredder, oldschooligen HipHop-Verweisen und klebrig süßem Cheerleader-Pop. Manch einer wollte das damals als nächstes großes Ding verstanden wissen, für eine echte Revolution fehlte es dem Duo über die volle Albumdistanz aber doch ein wenig an Dynamik und Abwechslung. Und mit der vermeintlichen Eigenständigkeit des Ganzen war es dann letztendlich auch nicht ganz so weit her, denn in ihrer postmodernen „Auf die Fresse“-Ausrichtung vermengten Krauss und Miller im Grunde gar nicht mal soviel mehr als sagen wir etwa Justice oder The Go! Team ein paar Jahre zuvor. Für den mit einfachsten Mitteln erzwungenen Spaß für zwischendurch war „Treats“ in kürzeren Dosen genossen aber allemal und jederzeit zu haben. Vor allem dann, wenn einem so etwas wie Halbwertszeit vollend egal sein konnte, denn ob der simple Holzhammer-Trick der beiden noch ein zweites Mal funktionieren sollte, würde sich frühestens eineinhalb Jahre später beim nächsten Album zeigen.
Und um dies vorab schon mal zu klären: Er tut es, und das, obwohl Sleigh Bells auf „Reign Of Terror“ kaum etwas an ihrer ursprünglichen Rezeptur geändert zu haben scheinen. Gut, das alles versprüht jetzt ein bisschen mehr 80er-Jahre-Flair und das Gitarrengeschredder hat sich deutlich in Richtung Heavy-Metal-Riffing verschoben (man bemerke die Slayer-Referenz im Titel), derweil die Beats nun noch stärker nach frühem HipHop klingen. Im Grunde bleibt es aber das gute alte Explosivgemisch aus Süß und Krawallig, das „Reign Of Terror“ im Innersten zusammenhält. Und das vermag es auch im zweiten Anlauf erstaunlich gut. „True Shred Guitar“ eröffnet den Reigen mit posendem Stadionrockintro, bevor „Born To Lose“ dann die erste hübsch gehauchte Melodie noch etwas zaghaft, aber durchaus genüsslich durch den Reißwolf jagen darf. Zwischendurch hagelt es immer wieder notdürftig zusammengenagelte Klatsch-Bumm-Beats, die das das Album durchziehen wie fiese kleine Knallfrösche. Richtig garstig wird es aber nur in „Demons“, das klingt als würde all der klebrige Bubblegumpop, den das Album zuvor aufgefahren hat, auf einem Haufen zerstampft wie das Barbie-Traumhaus samt Cabrio unter der Dampfwalze.
Insgesamt klingt „Reign Of Terror“ erstaunlich wenig dreckig und hätte in Sachen Krach an der einen oder anderen Stelle sogar durchaus noch ein paar Schippen drauflegen können. Wer von diesem Album so etwas wie Hintergründigkeit oder intelligentes Songwriting erwartet, hat das Konzept von Sleigh Bells eh nicht verstanden. Dieses erfüllt hier zwar weniger überrumpelnd, aber dafür etwas ausgefeilter und effektiver als auf dem Debüt seinen simplen Zweck und verbreitet damit wieder jede Menge Kurzweil und Spaß von der Sorte, die man eventuell am nächsten Morgen verkatert bereut, die aber gerade deshalb so unverzichtbar bleibt. Für den nächsten Versuch sollten sich Sleigh Bells dann aber schon einen Plan B einfallen lassen, um auch Personenkreise jenseits ironischer Metal-Shirt-Träger noch aufrichtig begeistern zu können.
Label: Zomba
Referenzen: Marnie Stern, Justice, The Go! Team, Wavves, Times New Viking, Crystal Castles, M.I.A., Cults
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VÖ: 17.02.2012