The Dø in München: Lücken im Lattenzaun

The Dø spielen seit jeher die Art Pop- und Rockmusik, für die man schon ein sehr seltsames Pop- und Rockverständnis mitbringen muss. Ihr aktuelles Album „Both Ways Open Jaws“ – über den Daumen gepeilte Bewertung: 70% – changiert erneut zwischen den unterschiedlichsten Stimmungen und Stilen, es gibt schräge Halbballaden und rhythmische Stampfer, Abwechslungsreichtum ist hier erneut das oberste Prinzip. Doch selbst wenn man die Alben der finnisch-französischen Band nicht kennt oder eher als mittelprächtig einstuft: Live werden die Stücke immer wieder zu einem wahrhaftigen Erlebnis für die anwesenden Zuseher und Zuhörer.

Dies liegt freilich auch an der betörenden Sängerin Olivia Merihlati, die sich auf der Bühne sichtlich wohlfühlt. Doch auch der Rest der Band um den Multiinstrumentalisten Dan Levy, der meist an Bass oder Saxofon rumhängt, scheut nicht die große Show: Saxofonsoli, wilde Percussion- und Trommelschlachten, The Dø machen das einzig Richtige und drehen an diesem Abend völlig am Rad. Die Stücke werden live in ein neues Licht gerückt, kein Song klingt wie auf Platte, die Arrangements sind zum Großteil sehr gelungen und auf größtmögliche Tanzbarkeit getrimmt.


Das Konzert im Münchner Hansa 39 beginnt mit einer kleinen Verspätung. Die Band machte zuvor eine unliebsame Erfahrung mit dem deutschen Feierabendverkehr, steckte im Stau und kann so erst kurz vor 22 Uhr die Bühne betreten. Ohne die angekündigte Vorband geht es dann los und man kann den Eindruck gewinnen, dass The Dø froh sind, endlich aus dem stickigen Tourbus raus zu sein und hinein in den, nunja, nicht minder stickigen Club. Dennoch ist der Bewegungsdrang auf der Bühne groß, wie zappelige Kiddies turnt die Band umher, erfreut sich selbst tierisch an den eigenen Songs und dem mitfeiernden Publikum. Die Songs bekommen zweckdienlicherweise polyrhythmische Rückendeckung – Stichwort: Mitwippfaktor – und verzücken somit das überwiegend weibliche Publikum. „Slippery Slope“, einer der stärksten Titel auf der neuen LP, wird zu einer regelrechten Jam-Session, zwei liebestolle Saxofone sorgen für die nötige Würze und verhelfen The Dø zu einem äußerst gelungenen Start. Zuvor haben sie bereits „Gonna Be Sick!“ gespielt und sich für die kleine Verzögerung entschuldigt.

Die circa 70 Konzertminuten sind gespickt mit Highlights, da lassen sich die wilden Franzosen wahrlich nicht lumpen. Vom frühen Singlehit „On My Shoulders“ bis zu aktuellen Favoriten wie dem melancholischen „Too Insistent“, The Dø beweisen ein weiteres Mal das herausragendes Talent, ihre Stücke live noch spannender, lebendiger, frischer klingen zu lassen als in Konserve. Das schafft nun wahrlich nicht jeder und sollte an dieser Stelle hervorgehoben werden. Wenn aus einem vermeintlich normalen Indie-Popsong kurzzeitig ein wilder Electro-Rave wird oder ein Abakus seine Bestimmung als Instrument findet, dann weiß man, dass diese Gruppe nicht mehr alle Latten am Zaun hat. Was in diesem Fall natürlich begrüßenswert ist.

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Ein Kommentar zu “The Dø in München: Lücken im Lattenzaun”

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