Florence + The MachineCeremonials
Das Debüt von Florence + The Machine folgte einer geradezu klassischen Entstehungsgeschichte. „Lungs“ war ein biographisch und emotional injiziertes Trennungswerk, es erwuchs aus jenem Plus an persönlichem Entfaltungsraum, das zwangsläufig entsteht wenn der eigene Alltag zur Selbstbeschäftigung reduziert wird.
Der Ex, den Florence Welch in Songs wie „The Dog Days Are Over“ besang, ist allerdings keiner mehr. Bereits zum Erscheinen des Albums waren die beiden wieder ein Paar. Die Möglichkeit, dass die Engländerin unter geänderten Voraussetzungen diesmal nicht mit ebenso opulenter Musik aufwarten würde, verneint „Ceremonials“ aber schnell. Bereits im Eröffnungsstück „Ony If For A Night“ wird ein Chor angekarrt, ein gewichtiger, von flottem Schnippsen durchzogener Beat trägt Harfe, Piano und Streicher und natürlich die große Stimme, die klar stellt warum ein Pluszeichen Welchs Vornamen vom Rest der Mitwirkenden abhebt.
Dank dieser Gesangssstärke schafft das vorzügliche „Shake It Out“ es anschließend auch mühelos, jede noch so pompös projizierte Gefühligkeit auf M83s „Hurry Up, We’re Dreaming“ klein erscheinen zu lassen. „I am done with my graceless heart / So tonight I’m gonna cut it out and then restart / ‚cause I like to keep my issues strong / It’s always darkest before the dawn“, bereitet Welch den Weg zum titelgebenden Refrain, ein massiver Befreiungsschlag dessen Erlösungssehnsüchte nicht nur in Form einer schwallenden Kirchenorgel religiösen Beiklang haben.
Denn so überzeichnet wie die Musik sind auch die Worte, von tiefsten Tiefen zu – den weitaus häufigeren – höchsten Höhen wird Persönliches („I believe / There’s no salvation for me now / No space among the clouds / And I’ve seen that I’m heading down“) wie Zwischenmenschliches („You want a revelation / You wanna get it right / But it’s a conversation/ I just can’t help tonight“) nicht unter Großbuchstabenpathos verkauft, der fast immer in judäochristliche Motive gekleidet ist. Alles evoziert Größe, Gewalten und Kräfte die weit über allem menschlichen Vermögen liegen, alles ist heilig Himmel Hölle Teufel Taufe Messe Kirche Herz und Seele und oh mein Gott es hört einfach nicht auf.
Mitunter arg klischeehaft („Just keep following! The heartlines on your hand!“) verlieren die Texte auf Dauer ebenso an Effekt wie die guten, aber einförmigen Songs, die permanent das nächste Crescendo suchen, ja die Steigerung zur Spitzenlautstärke zum Dauerzustand machen. Nicht musikalisch, aber inhaltlich setzt sich wenigstens „All This And Heaven“ von dieser permanent abhebenden Unnahbarkeit ab. Darin besingt Welch die Unzulänglichkeit von Worten, um Unbeschreibliches zu beschreiben: „No, words are a language that doesn’t deserve such treatment / That all of my stumbling phrases never amounted to anything worth this feeling / All this heaven never could describe such a feeling as I’m here“. Schöner lassen sich die Makel von „Ceremonials“ kaum auf den Punkt bringen.
Label: Island
Referenzen: Eurythmics, Peter Gabriel, M83, U2, Danielle Dax, ELO
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VÖ: 28.10.2011
[…] einen einladenden Hörrahmen zu schaffen. Anders als beispielsweise eine mir ihr verglichene Florence weiß sie um die Qualität von Stille. So ist „50 Words For Snow“ ein Album, das nicht auf jeder […]