WallsCoracle
Haben sich Sam Willis und Alessio Natalizia vielleicht einen Sonnenbrand eingefangen? Nicht nur Titel wie „Heat Haze“ und „Sunporch“ evozieren, dass das zweite Album des Londoner Duos in Natalizias südeuropäischem Geburtsland entstand. Auch die Musik breitet sich wie warme Luft aus, die trotz leichter psychedelischer Einschläge nicht drückend schwül zu werden droht. Etwas über ein Jahr nach ihrem selbstbetitelten Debüt legen Walls bereits ein merklich gereiftes Werk nach.
Die Glitchigkeit von „Walls“ haben sie über Bord geworfen und sich lieber mit wortlos-sternhimmelverliebten Falsettvocals eingedeckt, die ein wenig an „Further“, das letztjährige Krautdance-Glanzstück der Chemical Brothers erinnern. Im Vergleich zu deren Arenawucht wirken diese Stücke aber natürlich wie Zuckerwatte, doch bei aller Knapp-über-Midtempo-Gemütlichkeit verliert sie nie ihre Konturen und Tiefe um in süße Beliebigkeit zu zerschmelzen. Während das Debüt noch stellenweise steif arrangiert und in unter 30 Minuten arg schnell vorüber war, lassen Walls ihrer Traumsubstanz hier mehr Zeit und Raum zum Entfalten.
So sind die 8 Tracks im Schnitt mehr als eine Minute länger, was „Heat Haze“ beispielsweise eine beatlose Minute genüsslich ausspulen lässt und den Einstieg ins spacige „Sunporch“ umso effektiver gestaltet. Auch das faserig-ambiente „Vacant“ profitiert von einem langen, graduellen Fadeout, man hört es geradezu an Substanz verlieren bis es in völliger Transparenz endet. „Il Tedesco“ („Der Deutsche“) brummt Titel-stereotyp ein wenig druckvoller und barscher, sprenkelt sich allerdings prozessierte Gitarrenzupfer übers Haupt, die in ihrer Improvisiertheit auflockern und jüngere Techno- mit Krautrock-Traditionen auf gänzlich unverkopfte Weise vermengen. Denn das ist der große Vorzug dieser Platte: Dass sie konzentriertes Hören ebenso reichhaltig belohnt wie verträumtes Lauschen.
Label: Kompakt
Referenzen: Hatchback, Tangerine Dream, Can, Chemical Brothers, Lindstrøm, Ulrich Schnauss, Dominik Eulberg
Links: Facebook | Soundcloud | Label
VÖ: 23.09.2011
[…] wahren Reichtum an Schätzen zu finden, das zeigten unter anderem die Werke von Roman Flügel, Walls, Tropics, Balam Acab, Zomby, Machinedrum und Plaid in aller Deutlichkeit. Deutlich wurde auch, dass […]