Sieben Jahre lang, so erzählt die Legende, hat Jonathan Jeremiah an seinem Debütalbum gearbeitet. So etwas klingt immer gut, denn daraus lässt sich so allerlei schließen: Da hat sich jemand Gedanken gemacht, Mühe gegeben und vor allem totalen Perfektionismus betrieben. Noch besser wird die ganze Geschichte, wenn die betreffende Person leicht verschlurft aussieht, denn dann ist der gedankliche Sprung zum eigenwilligen Sonderling mit großem Talent nicht mehr weit. Ein Traum für jeden Autor des berüchtigten Waschzettels.

Doch wie das mit der Vermarktung immer so ist, in vielen Fällen schadet sie mehr als dass sie nützt. Wobei Jeremiah sich das auch ein wenig selbst zuzuschreiben hat: Wer sich seinen Albumtitel, „A Solitary Man“, bei Neil Diamond borgt, der darf sich nicht wundern, dass er ständigen Vergleichen mit den großen Songwritern der 60er und 70er standhalten muss. Natürlich war auch das gewollt, aber im Endeffekt war das vermutlich der größte Fehler.

Denn im Gegensatz zu all jenen, mit denen er mancherorts verglichen wird – Nick Drake, Tim Buckley und Co. – mangelt es Jeremiah schlicht an bewegenden Songs. Dabei gibt er sich alle Mühe, den Zeitgeist einzufangen: Einfache Liebeslieder, mal leicht beschwingt, mal mit leichter Melancholie vorgetragen und, offenbar als Hommage an den Motown-Sound gedacht, immer voller Geigen. Das klappt hin und wieder ganz gut („That Same Old Line“, „How Half-Heartedly We Behave“), meistens ist es aber dann doch einfach etwas zu viel (fast alle anderen Stücke). Grundsätzlich scheint es ohnehin so, als hätte der Brite in seinem ganzen Bemühen, einen möglichst analog-natürlichen Sound zu kreieren, irgendwann den Blick fürs Wesentliche verloren und einfach alles mit einer Extraportion Zucker übergossen.

Das zeigt sich auch insbesondere in seinen Texten, die irgendwo zwischen Banalität und Belanglosigkeit mäandern aber nur selten die offenbar zum Ziel gesetzte emotionale Rührung erzeugen. Beispiele gefällig? Gern: „I, I’d be lost without you baby / I couldn’t go on, it drives me crazy / I, I’d be lost without you baby / so stay right here, stay right here with me” („Lost”), „And you’re never gonna give me up ‚cause I’m never gonna let you down / and you‘re never gonna walk away ‚cause I’m always gonna be around” („Never Gonna”). Ob letzteres Zitat eine gewollte Verneigung vor Rick Astley ist, werden wir aber wohl niemals klären können.

Den stärksten Moment hat Jeremiah bezeichnenderweise mit dem Titelstück, das ausnahmsweise mal nicht von Streichern überlagert, sondern ganz schlicht von einer dezenten Akustikgitarre und seiner an sich ja sehr charakteristischen Stimme getragen wird. Knapp dreieinhalb Minuten, die tatsächlich berühren, anstatt es nur zu versuchen.
Das ist für sieben Jahre Arbeit aber schlicht zu wenig.

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Label: Island

Referenzen: Neil Diamond, Tom Jones, Nick Drake, David Ackles, Scott Walker

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VÖ: 12.08.2011

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