Unterbelichtet: Nosaj Thing in Berlin

Lange herrschte Unklarheit darüber, ob der ICON Club in den roten Backsteingewölben in Prenzlauer Berg bleibt oder gehen muss. Als überhaupt einer der letzen Orte im ruhig gewordenen Stadtteil eröffnete das ICON dann allerdings am zweiten Juliwochenende (wieder), hatte feierlich geladen und ließ es sich nicht nehmen, mit Nosaj Thing einen der derzeit interessantesten Produzenten für ein Set zu engagieren.

Mit L.A. Hip Hop sozialisiert, hing sich vor einigen Jahren der 13-jährige Nosaj Thing, mit bürgerlichem Namen Jason Chung, vor den Computer seines Vaters – zunächst mit der Absicht, die Beats seiner Vorbilder nachzubauen. Über sein DJing, Produzieren, die Veröffentlichung der ersten LP „Drift“ ist mittlerweile viel und ausführlich geschrieben worden – was passiert, wenn ein prototypischer Bedroomproducer den Bedroom verlässt, zeigt sich heute Abend. Leiser und selbstreflexiver verschrecken seine Tracks ein paar Besucher, die eher wegen straightem Drum’n’Bass gekommen sind. Leise nicht im eigentlichen Sinne. Selbstreflexiv, weil in einem eigenen Universum existierend, in dem sich diaphane Soundstrukturen über strauchelnde, aber präzise gesetzte Beats legen.

Heute Abend gehen die Tracks mehr nach vorne und nach oben (betrachtet man den Raum als Graphik), aber das Publikum wirkt leider irritiert bis schlimmstenfalls seiner durchgetanzten Nacht in der hippen Hauptstadt beraubt. Auch schade: Es fehlen die Visuals von Julia Tsao (siehe folgendes Video), deren minimalistische Formsprache fast perfekt mit Chungs Tracks harmoniert. Fast alles richtig gemacht, aber es bleibt das Gefühl, nur die Hälfte von etwas Großartigem mitbekommen zu haben.

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