Willy Moon: Alles anders in 1:50

Man kennt sie aus amerikanischen Kriegsfilmen, die “Jody calls” der Soldaten auf den Exerzierplätzen. Während der Drill Instructor vorne weg marschiert, reihen sich die Kämpfer in Formation und erwidern im Laufschritt seinen Gesang.

„I used to have the high school queen; Now I’ve got my M-16. I used to drive a Chevrolet; Now I’m running every day.”

Call & Response nennt man diese Struktur, die Takt mit Motivation verbindet und dabei das Machtgefüge deutlich in Erscheinen treten lässt: Einer befiehlt, alle gehorchen.

Aber nicht nur beim Militär findet man diese typischen Reime, die sich einer simplen synkopisierten Melodie anpassen, im 4/4-Takt voran stampfen und sich mit ihrer Wiederholung wie ein Mantra einprägen. Auch der klassische Arbeitersong bedient sich dieses besonderen Schemas, das vielleicht seinen Ursprung in den sogenannten „Nursery Rhymes“ aus dem 18. oder 19. Jahrhundert hat, die auf kindgerechte Weise kleine Geschichten erzählen. In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts griff dann der Rock’n’Roll diese Tradition auf und wurde spätestens mit Bo Diddley stilbildend.

Es herrscht also eine gewisse Referenzlast auf den Schultern von Willy Moon, wenn er sich dieses Schemas bei seiner Debütsingle „I Wanna Be Your Man“ bedient. Tonnenschwer, mag man meinen. Aber der in London lebende Neuseeländer geht damit spielend um, aktualisiert diesen Klang mit brachialen, fast berstenden Beats und metallischen Industrieklängen. Das ist so auffallend störrisch und andersartig, dass inzwischen einige Labels hellhörig geworden sein dürften. Keuchend wie eine schnaufende Lokomotive schiebt sich dieser Track voran und schafft es, sich in 1:50 Minuten völlig zu verausgaben.

Die fast schon karikierend lächerlich einfachen Lyrics verweisen aber auf die Tradition der starren Überstrukturierung, die auch diesen Song stützt. Wiederholte Phrasen und die simpelsten aller möglichen Melodien – Willy Moon scheint genau zu wissen, was er da tut: die Songs seiner Helden (Little Richard, Buddy Holly, Fats Domino und James Brown) mit kreativem Experiment zu etwas Neuem zu formen, das Altes bewahrt.

Alle Songs nimmt Willy Moon bislang zu Hause auf. Vieles soll dabei eher klassischer Songwriter-Output sein, auch wenn er live durchaus seine Tracks als „Think Bo Diddley remixed by Swizz Beatz“ anpreist und man nur ahnen kann, welche Wendungen da im Schaffen des jungen Künstler noch bevorstehen. Bislang ist diese „Introduction“ (angeblich von einem Nachbarn verfasst) noch die ergiebigste Quelle, denn auch die Veröffentlichung der Single wurde auf Ende September verschoben. Damit das Mysterium perfekt ist, wurden alle weiteren Songs und Videos des Künstler im Internet weiträumig gelöscht. Was bleibt, ist „I Wanna Be Your Man“. Ein Song, nicht einmal zwei Minuten lang. Und doch das Aufregendste, was diese Woche zu bieten hat.

Link: Homepage

5 Kommentare zu “Willy Moon: Alles anders in 1:50”

  1. Lennart sagt:

    huch. da bin ich tatsächlich ein wenig baff. hätte nicht gedacht, dass man aus diesem schema so viel raus holen kann. beachtlich!

  2. hasalei sagt:

    Ich habe mal versucht, Herrn Wiluddas Rezensionen zu verstehen. Schlussendlich entsteht bei mir der Eindruck, dass er sich eher selbst darstellt mit all seinen Wirrwarrausdrücken, als sich dem zu Rezensierenden zu widmen. Zu der Art Darstellung gab´s vor Jahren mal einen schönen Artikel in der Zeit, wo man unterstreichen sollte, wo Thema und wo ich dargeboten wird. Hier würde ich den Marker vollflächig einsetzen.
    Ich bin immer noch der Meinung, dass sich Intelligenz durch die Fähigkeit ausdrückt, komplizierte Dinge einfach darzustellen. Der Umkehrschluss sein in jeder Hinsicht erlaubt.

  3. Lennart sagt:

    Mhm… es ist ja okay, die Schreibe eines Menschen zu kritisieren, dadurch aber auf Dummheit oder Ähnliches schließen zu wollen ist in diesem Fall ein wenig vermessen. Und nach welchen Kriterien eigentlich? Wer in den folgnden Sätzen Markus findet, darf ihn, ja, was denn? Behalten? Nein, aber sollte ihn nicht für für das Gegenteil von intelligent handeln, so gut, wie er sich versteckt hätte. Wer findet hier den Markus, wer die „Wirrwarrausdrücke“?

    „Auch der klassische Arbeitersong bedient sich dieses besonderen Schemas, das vielleicht seinen Ursprung in den sogenannten „Nursery Rhymes“ aus dem 18. oder 19. Jahrhundert hat, die auf kindgerechte Weise kleine Geschichten erzählen. In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts griff dann der Rock’n’Roll diese Tradition auf und wurde spätestens mit Bo Diddley stilbildend.

    Es herrscht also eine gewisse Referenzlast auf den Schultern von Willy Moon, wenn er sich dieses Schemas bei seiner Debütsingle „I Wanna Be Your Man“ bedient. Tonnenschwer, mag man meinen. Aber der in London lebende Neuseeländer geht damit spielend um, aktualisiert diesen Klang mit brachialen, fast berstenden Beats und metallischen Industrieklängen. Das ist so auffallend störrisch und andersartig, dass inzwischen einige Labels hellhörig geworden sein dürften. Keuchend wie eine schnaufende Lokomotive schiebt sich dieser Track voran und schafft es, sich in 1:50 Minuten völlig zu verausgaben.

    Die fast schon karikierend lächerlich einfachen Lyrics verweisen aber auf die Tradition der starren Überstrukturierung, die auch diesen Song stützt. Wiederholte Phrasen und die simpelsten aller möglichen Melodien – Willy Moon scheint genau zu wissen, was er da tut: die Songs seiner Helden (Little Richard, Buddy Holly, Fats Domino und James Brown) mit kreativem Experiment zu etwas Neuem zu formen, das Altes bewahrt.“

    Ansonsten möchte ich darum bitten, in so dermaßen haltlose, dreiste und wer weiß wodurch motivierte Beleidigungen eingeschloßen zu werden.

  4. Lennart sagt:

    Waroauf ich auch hätte kommen können: das ist ja die reinste Trollerei. Und Trolle sollte man nicht füttern. Naja, ab jetzt dann nicht mehr.

  5. Markus sagt:

    Danke Lennart! Will und muss mich hier eigentlich nicht selbst verteidigen, aber zu ein paar Worten drängt es mich doch. Ganz sicher ist das unbestreitbar nicht mein bester Text auf diesem Blog (manchmal vielleicht erwähnenswert – alle Einträge hier entstehen oftmals schnell und nebenher), aber Dummheit zu unterstellen, ist schon ein überhartes Urteil. Gerade, weil AUFTOUREN.DE nicht den Anspruch hat, z.B. der üblichen Onlinetextlänge zu entsprechen oder sich an ein bestimmtes Publikum richtet und die Artikel demnach kodiert und redigiert.

    Manchmal sind die eben für alle verständlich, manchmal überfrachtet mit Querverweisen oder Szene-Vokabular. Unsere Texte sind vielfältige Angebote. Manchmal gut, manchmal schlecht. Mal treffend, mal flüchtig. Aber letztlich immer: Nur ein Angebot.

    Persönlich finde ich es wichtig, Musik im Kontext zu sehen. Entsprechend sind meine Texte von persönlichen Erinnerungen, Assoziationen oder kulturellen Querverweisen geprägt. Manche mögen das, manche nicht. Wer Bandgeschichte und „hard facts“ lesen will, der surft einfach zu wikipedia.com oder liest eben andere Texte. Wir erproben uns an dieser Stelle währenddessen einfach weiter. Im Umgang mit Musik, mit Text, mit Medien. Manchmal erfolgreich. Manchmal nicht. Kein Grund aber für Beleidigungen.

Einen Kommentar hinterlassen

Platten kaufen Links Impressum