Headless Horseman - Spuk der Begeisterung

Das gemächliche Altern mit Musik hat seine Tücken. Begeisterte man sich anfangs noch recht wahllos durch Tanzveranstaltungen und die Bescheidwisserei des Freundeskreises, entwickelte sich die Liebe nach und nach zu einer systematischen Leidenschaft. Dabei ist es ohne Frage reizvoll und notwendig, bestimmten Labels und Bands die Treue zu halten und ihre Veröffentlichungen zu beobachten, genauso, wie es Spaß bereiten mag, die Publikumszeitschriften des Musikmarktes zu begutachten. Ab und zu ein interessanter Artikel, mal eine gute Review, mehr gibt es dabei aber selten zu entdecken. Außerdem hat man ja eh genügend zu hören, die Liste aktueller und anstehender Veröffentlichung wird begutachtet und abgearbeitet, teils mit Genuss, teils aus Notwendigkeit. Es gibt so viel zu tun, wenn man sich für Musik interessiert. Und klar, all das ist bildsam, aber eben nur bildsam, manchmal artet es gar in Verwaltung aus.

Nun, wie kam es dazu? Aus Hingabe wurde Ehrgeiz und auch Eitelkeit. Vor ein paar Jahren begann man, sich wissend zu fühlen, nun ist man versucht, dieses Selbstverständnis aufrecht zu erhalten.

Ach Herrje.

Nein, so richtig Spaß macht es nicht, einfach nur zu schauen, welche Platten Labels in ihren Newslettern ankündigen und zu beobachten, wie sich nach und nach die verschiedenen, aber allzu oft gleich lautenden Meinungen im Internet sammeln.

Deswegen werde ich gar nicht erst in Erfahrung bringen, was die Netzgemeinschaft zu Headless Horseman zu sagen hat, woher sie stammen, wer das eigentlich ist und ob vielleicht Pitchfork oder ähnlich die Band schon einmal in irgendeiner Form geadelt haben sollten.

Entdeckt habe ich sie durch ihr Video zu „Wavlngth“ nur, weil ich mich einmal gruseln wollte. Das will ich sonst nicht, ich bin, solange es nicht um wirkliche Menschen, sondern Filme und Bücher geht, eine recht ängstliche Person, und Kinder mit Masken und ein kopfloser Reiter, da verliere ich schnell den meinigen, den Kopf. Der Schrecken begleitet mich danach immer unziemlich lange, und nicht selten habe ich, als ich noch unvorsichtig genug war, mir Gruseleien anzusehen, im Anschluss des Nachts unter der Bettdecke verkrochen. Von den Episoden mit dem Konsum psychoaktiver Substanzen bei gleichzeitiger Lektüre H. P. Lovecrafts ganz zu schweigen.

Nun, ich wollte gerne wieder einmal ein wenig gekitzelt werden, tagsüber vermag ich mich für mutig zu erachten. Dann also sah ich dieses Video,

und nichts war mit der Fürchterei, selten hatte ich solch eine perfekte Single gehört, nicht nur catchy, sondern teilweise diffus, mit einem schwer zu verortenden Gesang, popaffiner Plinkerei, Shoegaze-Nebeln, Klopfen und Pfeifen, von allem ein wenig, von keinem zu viel, zweieinhalb Minuten Entdeckungsfreude bei gleichzeitiger Mitgerissenheit. Dann flugs zu Bandcamp geeilt, wo sich die bisherigen Songs der Gruppe, des Duos aus, ja, was weiß ich? streamen und erwerben lassen. Dort traf ich auf eine Bollerei mit R’n’B-Versatzstücken („Sh8kr“), den „Demonsong“ mit Kopfstimme und tja, kleiner Rockgitarre, rauschigen Folk mit Knistercharme und nun tatsächlich spooky Gejaule („KSSD-HM“) sowie allerlei glitchy Herrlichkeit. An dieser sollten sich alle Menschen zu erfreuen wissen, die Menomena, Grizzly Bear, Ramona Falls oder vielleicht auch The Microphones schätzen, oder aber, wie ich es gerade, gut eine Stunde nach Bekanntschaft mit dieser Musik glaube, ebenso alle anderen. Headless Horseman sind groß, sie begeistern.

Ein Kommentar zu “Headless Horseman – Spuk der Begeisterung”

  1. Saihttam sagt:

    mir gefällts! danke für den tipp :)

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