
Kurt Vile hat sehr lange Haare und tritt mit einer Band auf – und geht ansonsten sehr geschickt allen Classic-Rock-Klischees aus dem Weg. Die Vorband-Hauptband-Relation ist heute Abend im Festsaal Kreuzberg fast aufgelöst: Mindestens die Hälfte des Publikums ist wegen Kurt Vile da – vor der Bühne ist es voll, als er zu spielen beginnt. Die ersten Songs sind vor allem: laut. Wenn sich das überragend gute Chaos aus Bass, Schlagzeug und Gitarre der Begleitband lichtet, werden kleine Stücke von Popmelodien sichtbar, die Kurt Vile zwischen seine Haare ins Mikrophon nuschelt.
Vile, der mit seinem Debütalbum „Constant Hitmaker“ Lo-Fi-Musik um mehr Hall reicher gemacht hat, übt sich heute Abend darin, seine in Einsamkeit aufgenommenen Songs mit seiner Liveband auf die Bühne zu bringen. Die meisten seiner Songs – auch die auf „Smoke Ring For My Halo„, das mit seiner Liveband The Violators aufgenommen wurde – sind eben doch Konversationen mit sich selbst. Aber vielleicht ist er sich seiner Rockqualität mit Band doch zu sicher. Zwischen Haaren und Kabeln und Kopfschütteln verliert sich das, was gerade das erste Album ausmachte: eine subtile Merkwürdigkeit.
Akron/Family dagegen sind zwar jetzt nur noch zu dritt, machen aber Musik für sechs. Ihr im Februar 2011 veröffentlichtes Album „Akron/Family II (The Cosmic Birth And Journey Of Shinju TNT)“ ist vielleicht ihr zuversichtlichstes und aufgekratztestes Album bisher. Die Dynamik der Songs überträgt sich auf die Band, die – Arme in die Luft schmeißend – abwechselnd Solos und Mitsing-Parts inszeniert und das Publikum vorbildlich durch Tanzübungen einbindet. Tanzen auf den Holzdielen des Festsaal Kreuzbergs mit dem Sound von ansatzweise tropischen Melodien in den Ohren: Ein Abend könnte kaum besser enden.