Bill Callahan in Köln: "Ein bisschen Kommunikation"

Als Bill Callahan vor knapp zwei Jahrzehnten mit alkoholisierten Rachegelüsten („I’ll be drunk, so drunk at your wedding“) bei Schrammel-Lo-Fi eine gute Handvoll Verlassener für einen Moment glücklich machte, war nicht im Ansatz zu erahnen, dass derselbe Bill Callahan kurz nach dem Verstreichen der 00er Jahre den Kölner Stadtgarten ausverkaufen sollte. Und das als wortkarger Gentleman, dem kaum einer übel nimmt, dass er es nicht für nötig hält, die vielen glücklichen Pärchen und die anderen Zuschauer begrüßen zu müssen.

Stattdessen gibt es gleich zu Beginn den Sympathieträger des neuen Albums: „With the TV on mute/ I’m listening back to the tapes/ On the hotel bed/ My my my apocalypse“ – hinter mir ertönt ein erstes Frösteln, als der Refrain von „Riding For The Feeling“ einsetzt. Ein gutes Zeichen. Die untermalende, live immens an Stellenwert gewinnende elektrische Gitarre Matt Kinseys spielt dem ganz in weiß gekleideten Callahan (später mit Mundharmonika!) dabei genauso in die Karten wie das variable, streckenweise jazzige Drumming von Neal Morgan.

So konzentriert die Musiker zu Werke gehen, so – insbesondere für Kölner Verhältnisse! – ungewöhnlich euphorisch fallen die Reaktionen aus. Manch einer weiß anscheinend gar nicht wohin mit seinem Glück und teilt dies ausgiebig dem Nachbarn mit, was diesen weit weniger stört als den gereizten Herrn dahinter. Doch die kurze Diskussion endet schnell: „Ein bisschen Kommunikation ist doch auch mal schön.“ Und ein genüsslicher Schluck hinterher.

„The real people went away“. Das über alle Maßen begeisternde „Drover“. Auch wenn Smog-Klassiker wie „Our Anniversary“ nach wie vor den Weg auf die Setlist schaffen, stehen insbesondere die Alben Callahans im Vordergrund, die ihm zu einer deutlich gestiegenen Bekanntheit verholfen haben: Sowohl „Sometimes I Wish We Were An Eagle“ als auch „Apocalypse“ dominieren den Abend. Neben „Baby’s Breath“ oder „America“ reihen sich „Too Many Birds“ oder „Jim Cain“ ein.

Nicht zu vergessen auch die (sprech)gesanglich leicht abweichende Version von „Eid Ma Clack Shaw“ – die vielen gefällt, einem aber irgendwie nicht. Der verlässt wutentbrannt den Raum. Wirft nur noch schnell dem Erstbesten böse Blicke zu: „Indie-Spießer!“ Exakt dieselbe Stimme hört man kurz darauf kleinlaut zu seinem Kollegen flüstern: “Scheiße, Alter, der war vom Stadtanzeiger, Mann.”

Schmunzeln durfte man aber auch später noch mal: Als Callahan seine trauten Gefährten dem Publikum vorstellt und solch rauschendem Beifall aussetzt, dass selbst dieser reservierte Mittvierziger verdutzt grinst. Natürlich auf seine Art: „The biggest applause he ever got.“, sagt er in Richtung Gitarrist Kinsey, „for anything.“ Wenn das die Apokalypse ist, sind diejenigen zu bedauern, denen das vorenthalten blieb.

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