Augenblick verweile: Deaf Wish

Das Internet macht von seiner Natur her viele Formen der Kollaboration möglich, die zuvor an technischen Beschränkungen und geographischer Distanz gescheitert oder zumindest nur sehr langsam abgelaufen wären. Von digitalem Endpunkt zu digitalem Endpunkt lassen sich Ideen in Echtzeit hin und her schicken, Gesangsspuren zu Instrumentals passend gestalten oder sogar Tracks simultan bearbeiten, als säßen alle Beteiligten nebeneinander an einem physisch greifbaren Mischpult. Doch nicht immer ist die Utopie der grenzensprengenden Cyberwelt auch in die Realität umsetzbar. Sie scheitert zum Beispiel dann, wenn eine Band von dieser ganz besonderen Chemie lebt, die nur dort entsteht wo sie an Ort und Stelle beisammen ist.

Wie delikat diese sein kann, erfuhr das Melbourner Quartett Deaf Wish, als der Umzug von Gitarristin und Sängerin Sarah Hardiman nach England zugleich ihren Ausstieg aus der Band bedeutete. Erst als sie ihre alte Heimat Anfang 2010 besuchte, ergab sich die Gelegenheit, die alte Bandchemie zu reaktivieren und tatsächlich stellten Deaf Wish in Windeseile ihr drittes Album „Mercy“ auf die Beine. Die Dringlichkeit und die vorprogrammierte Instabilität dieser flüchtigen Augenblicke gemeinsamen Schaffens äußern sich in einer Stimmung zwischen Spiellust und schicksalsbewusster Melancholie, einer Gratwanderung zwischen delikaten Harmonien und krachiger Dissonanz. Verteilt ist das auf eine anfangs inkohärent erscheinende Spielbandbreite aus Slacker-Indierock, punkigem Noiserock und sanft-introspektiver Grenzfolkigkeit, die mit der Zeit aber fabelhaft Sinn ergibt und mit gewissen Post-Punk-Anklängen auch auf Sacred Bones nicht fehl am Platze wirken würde. Zu hören und erwerben gibt es „Wish“ auf der Bandcamp-Seite von Deaf Wish, ihrem Label oder vermutlich auf einem ihrer anstehenden Liveauftritte.

Denn so unstetig und instabil ist die Welt von Deaf Wish: In ihrer eigenen Heimat haben sie ein Jahr nicht mehr gespielt, diesmal kommen sie für ein paar Tage in Europa wieder zusammen und nutzen die gemeinsame Zeit, die ihnen bleibt, zum Touren. In Hamburg übrigens als Vorband von Deerhoof, dieser sowie alle weiteren Termine sind wie folgt:

  • 28.04.11 (Do) in Leipzig (Zoro)
  • 29.04.11 (Fr) in Berlin (Kastanienkeller)
  • 01.05.11 (So) in Hamburg (Hafenklang)
  • 05.05.11 (Do) in Wien (EKH)

2 Kommentare zu “Augenblick verweile: Deaf Wish”

  1. […] als Lower Plenty scheint für deren Mitglieder – sonst unter anderem bei Total Control, Deaf Wish und UV Race an den Instrumenten stehend – einem Bedürfnis nach ruhigeren Klängen entsprungen zu […]

  2. […] Australien kommen Lower Plenty. In anderen Bands (Dick Diver, Deaf Wish …) der Melbourner Indie-Szene spielen sie. „Hard Rubbish“ ist nach dem Tape „Mean“ […]

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