Es gibt Platten wie das Debüt von James Blake, welche den Zeitgeist definieren und es gibt „Early In The Morning“. Eine Platte ganz im Zeichen traditioneller Songwriter-Tugenden. McMorrow, ein Mann irischer Herkunft, entdeckt die Einfachheit des guten Songs. Ein in der Summe intensives und tolles Debüt, das dem mitunter eitlen Gestus des Zeitgeists die kalte Schulter zeigt.

James Vincent McMorrow ist ein Purist. Ein Kenner seines Fachs, der ganz genau weiß, dass es oft nicht viel mehr als den Status des Akustischen braucht, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. Thematisch angesiedelt sind seine reaktionären Lieder im Terrain konventioneller Folk-Traditionen.

Der Wald, die Boote, der Fluss, die Einsamkeit – McMorrow erzeugt Bilder der Einfachheit, die in ihrer Wirkung aber weit mehr sind als ästhetisches Beiwerk. Es ist die Kombination aus dieser ungemein dringlichen Stimme, die in ihrer Knödeligkeit an Bon Iver erinnert und dem Changieren zwischen Hoffnung und Resignation, die einen Großteil des Reizes dieses Albums ausmachen. „If I had a boat I will sail to you“. Ja, wenn. Die Stilübung, nicht in Larmoyanz zu verfallen, ist McMorrows Leistung als Songwriter. Die Kitschfalle umschifft er somit gekonnt. Seine Lieder sind im Kern aus der Zeit gefallene Folksongs, die McMorrow um sinnvolle Details ergänzt. Oft atmen sie ausgiebig aus, um dann in zündenden Refrainspitzen zu münden. Auch reihen sich elegische Passagen der Ruhe zwischen Momente dezenter Gospelhaftigkeit („We Don’t Eat“), welche McMorrow mit wohltuender Selbstverständlichkeit integriert. Im sicheren Referenzkorsett eines Neil Young, oder auch der Mumford & Sons (wenn die Schlagzahl, wie im federnden „Sparrow & The Wolf“, erhöht wird) gelingen McMorrow zeitlose Lieder, die unsere Väter schon vor 30 Jahren mitgesummt hätten.

Da McMorrow ein Mann der großen Themen ist, ist „Early In The Morning“ auch eine klare Stimmungsplatte. Es gibt Tage, da möchte man dem Gefühl gravitätischer Schwere entgehen. Und diese Platte atmet diese Schwere, konterkariert sieaber immer wieder durch leichtflüssige Passagen. In „From The Woods!“ gelingt ihm ein besserer Fleet-Foxes-Song, der gegen Ende zum euphorischen Shuffle wird. Dennoch: Im Kern ist McMorrow ein Leisetreter, der nur ab und an sichere Gefilde verlässt. In einigen wenigen Augenblicken sind seine Songs eine Spur zu konventionell. Im schönen, aber sehr glatt polierten „Breaking Hearts“ ist eine gewisse Anbiederung an das Formatradio unüberhörbar. Trotzdem: Selbst eine solch gewöhnliche Country-Twang-Nummer würde das Niveau des Restprogramms zur Nebensache degradieren.

Was bleibt ist eine Platte, die den Rezipienten an die Kraft von zeitloser Referenzmusik erinnert. Dass dies sicher nicht zum Distinktionsgewinn der popkulturellen Entwicklung beiträgt ist klar. Dennoch sind auf „Early In The Morning“ einige der bisher schönsten Songwriter-Momente des Jahres versammelt.

78

Referenzen: Bon Iver, Neil Young, Mumford And Sons, Fleet Foxes, Antony And The Johnsons

Label: Believe Digital

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VÖ: 08.04.2011

Ein Kommentar zu “James Vincent McMorrow – Early In The Morning”

  1. Echt ein schönes Album. Gerade „From The Woods!“ ist wirklich ein schöner Song, hilft beim Warten auf die neue Fleet Foxes. Nicht nur die Klangfarbe, sondern sogar die eskapistische Produktion des Albums erinnert stark an Bon Iver. Doch dieser bleibt für mich dennoch irgendwie eindringlicher. Bon Iver’s Album ist runder, weißt einen roten Faden auf. Dennoch: McMorrow ist ein äußerst beobachtenswerter Künstler.

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