Drive-By Truckers: Country total

Ein Highway, irgendwo in den USA. Um uns herum: Nur das scheinbar unendliche Land. Ein Land, das gefüllt ist mit feinem Wüstensand, der zwar gelegentlich kurz im Wind tanzt, aber meistens genau so leblos ist wie der Ort, an dem er liegt. Am Himmel die gleißende Sonne, die die Menschen in dunkle Bars und karge Motels treibt, die alle 100 Meilen am Straßenrand auf ihre wenigen Besucher warten. Und im Radio läuft die ganze Zeit John Denver – oder aber „Go-Go Boots“, das neue Album der Drive-By Truckers.
In einer Zeit, in der Folk ein Revival nach dem nächsten erlebt, ist es eigentlich erstaunlich, dass die klassische Country-Musik nach wie vor ein Schattendasein fristet. Gerecht ist das freilich nicht, aber davon geht ein Country-Sänger ohnehin nicht aus. Das Leben ist schließlich nicht einfach, denn die Arbeit ist hart, die Frauen Fluch und Segen zugleich und die Verlockungen des Alkohols oftmals zu stark.
Patterson Hood ist der Frontmann der Drive-By Truckers und im Prinzip wäre es eine allzu simple Überleitung, würde man sagen, dass er ein Lied von diesen Problemen singen kann. Aber: So ist es nun einmal. Genau genommen sind es sogar mehr als ein Dutzend, die den Weg auf das aktuelle Album der Band geschafft haben, wobei für einige davon auch seine Mitstreiter hinters Mikro getreten sind, beispielweise Bassistin Shonna Tucker für „Dancin‘ Ricky“ und das Eddie-Hinton-Cover „Where’s Eddie“.
Ansonsten gibt es jedoch keine großartigen Experimente: „The Weakest Man“ ist ein archetypischer Country-Song im 2/4-Takt, in „Cartoon Gold“ jault die Lap-Steel-Gitarre und in der ersten Single „The Thanksgiving Filter“ wird ein recht alltägliches Thema in bester Lagerfeuer-Tradition ganz unaufgeregt erzählt: „So put the food on the table and Papa says a blessing / They’re cutting up some turkey and gobbling some dressing / My Aunt’s praising Palin and my niece loves Obama / My uncle came to dinner wearing his pajamas“.
Natürlich ist das alles irgendwie ausgelutscht, alt und kitschig – aber eben auch sehr, sehr charmant. „Go-Go Boots“ ist ein bisschen Highway für uns alle.
„Go-Go Boots“ ist am 11.02.2011 via PIAS (Rough Trade) erschienen.